Iran: Vom Wassermangel zum Märtyrertod

Die Staatskräfte

Als es am Freitag, den 28. Aban 1400 (19. November 2021) erneut zu Protesten wegen des Wassermangels in Isfahan kam, versuchten die Machthaber zuerst, sich scheinbar auf die Seite der Demonstrierenden zu stellen und räumten der Berichterstattung über die Proteste viel Platz ein, in der Hoffnung, so die Kontrolle über die Vorgänge zu gewinnen. Aber dann gesellten sich die Bürger der Stadt zu den Bauern, worauf der Staat wieder seine bewaffneten Organe auffuhr. Laut der Webseite der Menschenrechtsorganisation Horana wurden 214 Menschen verhaftet, darunter 13 Kinder, mindestens 30 Menschen mussten wegen Augenverletzungen im Krankenhaus behandelt werden. Bei vielen Verhafteten handelt es sich um betagte Menschen, sie wurden in der Nacht vom Dastgerd-Gefängnis in Isfahan an einen unbekannten Ort verlegt. Laut Video-Aufnahmen setzten die staatlichen Kräfte Tränengas und Schrot gegen die Demonstranten ein. Es soll namentlich das Schrot sein, das zu zahlreichen Augenverletzungen geführt hat.

Proteste wegen des Wassermangels in Isfahan

Die übliche Masche, die Demonstranten als Separatisten darzustellen, die vom Ausland gesteuert seien und die staatliche Einheit gefährdeten, wie das bei Protesten in Chusistan (Araber), Kurdistan, in Aserbaidschan, bei den Bachtiyaren und in Sistan und Balutschistan (Balutschen) die Regel ist, zieht im Falle Isfahans nicht. Namentlich die im Zentrum des Irans gelegenen Provinzen wie Isfahan waren bislang immer eine Bastion der geistlichen Machthaber. Dass jetzt die Staatskräfte die Zelte der protestierenden Bauern angezündet haben, weckt religiöse Assoziationen, mit denen die Geistlichen bislang immer die schiitische Bevölkerung im Zentrum des Landes an sich gebunden haben. Die Wasserzufuhr abzuschneiden und die Menschen dem Verdursten auszusetzen war nach den schiitischen Überlieferungen das Vorgehen des Ummajaden-Chalifen gegen Imam Hussein (Sohn des Ali) und seine Karawane, gesteigert noch durch Überfälle auf die Zelte der Karawane, die angezündet wurden, und das Massakrieren von Kindern, alten und jungen Menschen. Das Schiitentum findet seinen überlieferten Ursprung im Märtyrertod Husseins in der Schlacht von Kerbala. Und jetzt sind genau diejenigen, die den Menschen ihr Leben lang von diesem Märtyrertod erzählt haben und diesen bei den Aschura-Umzügen Jahr für Jahr wieder beleben, auf einmal die Täter, die die Rolle des Bösen beim Tod der Märtyrer spielen.

Die Botschaft der brennenden Zelte im ausgetrockneten Flussbett auf den noch verbliebenen Teil gläubiger Schiiten ist verheerend.

Sollten auch sie sich von der Regierung abwenden, wird es eng für die Machthaber.

Quellen

https://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=238473
vom 6. Adhar 1400 (27. November 2021)
ولایت اشقیاء؛ از تشنگی به کشتار
von Jamshid Barzgar, Independent Farsi

https://en.wikipedia.org/wiki/Husayn_ibn_Ali

https://www.radiofarda.com/a/arrest-214-people-inisfahan-protests/31583615.html
vom 7. Adhar 1400 (28. November 2021)
اعتراض‌های اصفهان؛ بازداشت دست‌کم «۲۱۴ نفر»، «۳۰ نفر» از ناحیه چشم مصدوم شده‌اند