Von Ajatollah Chomeini, einem der Begründer der Islamischen Republik Iran, ist der Ausspruch überliefert: „Wirtschaft ist was für die Esel.“
Und so sieht auch die Wirtschaftspolitik des Landes aus. Die Geistlichen überführten den Besitz des Schahs und seiner Anhänger in das Eigentum religiöser Stiftungen, die sie selbst kontrollierten. Diese Stiftungen warfen am staatlichen Budget vorbei Gewinne ab, über die sie verfügten wie die Kirchen und Klöster über die Zehnten im Mittelalter.

Pfründe und Basare – die Basis der iranischen Wirtschaft

Die Islamische Republik Iran verfügte über die Einnahmen aus dem Erdöl, das sie verdiente, ohne etwas dafür leisten zu müssen. Wozu braucht man Ahnung von Wirtschaft, wenn das Geld von selbst kommt? Wozu braucht man Landwirtschaft, Handwerksbetriebe oder Industrie, wenn man doch alles für die Erdöl-Dollars importieren kann? Zum Produzieren braucht man Ahnung und Arbeiter, zum Importieren Händler. Die Basarhändler standen schon zu Beginn hinter den Geistlichen. Der Staat sollte keine Steuern von den Händlern eintreiben, dafür spendeten die Händler den Geistlichen, die mit diesen Abgaben für die Ausbildung der nächsten Generation von Geistlichen sorgte. Import ist eine feine Sache: Irgendwer erteilt eine Erlaubnis und bekommt dafür vom Händler sein Bakschisch. Ein Telefonanruf oder eine SMS genügt, und die Gelder fließen. Das ist nicht wie in einem Unternehmen, wo man Kenntnisse von Management benötigt. Connections sind wichtiger als Kenntnisse.

Der Import ruiniert die Wirtschaft

So lässt sich leicht Geld verdienen, und diese Kunst beherrschen die iranischen Machthaber. Aber diese Kunst des leichten Geldes hat harte Folgen für das Land. Wenn billige Kartoffeln aus Pakistan, billiger Reis aus Indien oder billige Orangen aus Marokko eingeführt werden, ohne dass die eigene Landwirtschaft gefördert wird, gehen die einheimischen Landwirtschaftsbetriebe kaputt und die Bauern werden arbeitslos. Wenn Teppiche, sogar Gebetsteppiche, aus der Volksrepublik China importiert werden, stirbt eines der wichtigsten Handwerke im Iran aus, das viele Haushalte auf dem Land über Wasser hielt. Wenn die Fabriken, die Plastikteile oder Autos herstellen, mit billiger Importware aus Korea oder China konfrontiert werden und unwirtschaftlich arbeiten müssen, weil sie zum Beispiel Spitzel und Kollaborateure des Regimes als Arbeitnehmer in der Fabrik anstellen müssen, obwohl diese nichts leisten, dann landen die Arbeiter auf der Straße. Nicht ein, zwei oder drei, sondern Hunderttausende. Das war die Wirtschaftspolitik der Islamischen Republik Iran.

Islam mit Atomantrieb

Diese Politik allein mag langfristig schon genügen, ein so großes Land mit 70 Millionen Einwohnern zu ruinieren, aber dabei ließen es die Machthaber nicht bewenden. Es gab da ja noch ein ideologisches Programm – den Export der Revolution. Und dieses Exportgut wollte man machtpolitisch absichern, indem man sich die Atombombe zulegte. Was Pakistan darf und Israel, warum sollte es nicht auch der Iran dürfen? Also betrieb die iranische Regierung ein aufwändiges Programm zur Anreicherung von Uran, das für den Bau von Atombomben benötigt wird. Dem Ausland gegenüber sprach man von einem „Recht auf Atomenergie“ und so weiter, aber das war nur Gerede. Es ging und geht um die Bombe. Nachdem immer deutlicher wurde, dass die iranische Regierung – Ajatollahs wie Minister und Präsident – trotz allen gegenteiligen Versprechen weiter an der Atombombe bastelt, fassten die USA und die in der UNO entscheidenden Staaten den Beschluss, dem Iran den Geldhahn abzudrehen. So sollte niemand mehr iranisches Erdöl einkaufen, und Banken, die mit iranischen Banken Geschäfte trieben, drohte der Ausschluss aus dem US-Markt.

Sanktionen – ein Fetzen Papier

Das beeindruckte die Machthaber nicht weiter: Präsident Ahmadineschad erklärte, die UN-Resolution sei nur ein Fetzen Papier, Ajatollah Chamene’i, der Religiöse Führer, rief zu einer „Wirtschaft des Widerstands“ auf. Worte sind billig, aber die Folgen dieser Politik nicht. Mit dem Ausbleiben des Erdöldollars wurden Devisen im Iran rar, Kredite sind nicht mehr zu bekommen, für die Fabriken wichtige Rohstoffe und Einzelteile sind nicht mehr zu bezahlen. Ein Land steht still. Selbst die Devisenhändler haben die Rollläden runtergelassen. Diejenigen, die erspartes Geld in iranischer Währung besaßen, versuchten so schnell wie möglich, es in Gold und ausländische Währung umzutauschen, was die Wechselkurse weiter steigen ließ.

Devisenhändler kann man verhaften, den Dollarkurs nicht

Der freie Fall des persischen Rials sorgte dafür, dass immer mehr Händler auf Dollar umstellten, denn wenn sie für die importierte Ware persisches Geld verlangten, war es am Abend schon nicht mehr so viel wert wie sie am Morgen für den Einkauf bezahlt hatten. Die Folge: Die Nachfrage nach Dollar steigt immer mehr, das Angebot bleibt so klein wie es ist. Also fällt der Kurs des Rial weiter. Diese einfachen Gesetze muss keiner studieren, um sie zu kennen. Was tun die Machthaber? Sie sprechen von ausländischen Feinden und von skrupellosen Devisenhändlern. Den Händlern wird mit Prozessen und Haft gedroht.

Flucht nach vorne

In dieser Situation denkt keiner der Machthaber daran, wie man das Problem lösen könnte, sondern nur, wie er die Schuld am besten seinem Nachbarn in die Schuhe kann. So lässt Ajatollah Chamene’i neuerdings auf den Freitagspredigten gegen den Präsidenten Ahmadineschad hetzen, während Ahmadineschad in Interviews versucht, sich als mutiger Einzelkämpfer gegen die „fetten Pfaffen“ zu präsentieren. Er behauptete jüngst, er habe die Erdöldollars in Form einer Sozialhilfe – Yarane genannt – unter dem Volk verteilen wollen, aber die Geistlichen seien dagegen gewesen, weil sie die Beute unter sich verteilen wollten. Er habe es trotzdem gemacht, und aus lauter Bosheit versuche man ihm jetzt die Schuld an allem zuzuweisen. Auch die Angriffe in der offiziellen Presse gegen seine Person konterte er mit den Worten: „Die bekommen ihr Geld ja selbst aus dem staatlichen Budget.“ Es mag sein, dass Ajatollah Chamene’i seinen Präsidenten Ahmadineschad über die Klinge springen lässt, aber dieser wird sich wohl mit der Veröffentlichung kompromittierender Fakten bei den Machthabern revanchieren. Und so wird die Selbstzerfleischung des Regimes weitergehen, bis es sich allein aus Selbsterhaltungstrieb zu einer Kehrtwende durchringt.

Kehrtwende und alles bleibt beim Alten?

Schluss mit dem Atombombenprogramm und mit dem Export der Revolution nach Syrien, Libanon und Palästina, und dafür wieder Dollars. Wer weiß, vielleicht wird Ajatollah Rafsandschani derjenige sein, der sich an die Spitze der Kehrtwende stellt, um so an die Macht zu kommen. Übrigens einer, der die Islamische Republik mitbegründet hat und auch für die Morde an Kurdenführern in Berlin im Jahr 1992 mitverantwortlich ist. Damals war er nämlich iranischer Staatspräsident.