Dieser Weblog wird seit dem Jahr 2004 ehrenamtlich von Personen deutscher und iranischer Herkunft betrieben. Wir verteidigen die Menschenrechte, unterstützen Politische Gefangene und berichten regelmäßig über die aktuelle politische, wirtschaftliche und kulturelle Situation im Iran.
Weblog von Ali Schirasi
Dieser Weblog wird seit dem Jahr 2004 ehrenamtlich von Personen deutscher und iranischer Herkunft betrieben. Wir verteidigen die Menschenrechte, unterstützen Politische Gefangene und berichten regelmäßig über die aktuelle politische, wirtschaftliche und kulturelle Situation im Iran.
Die Auswirkungen der internationalen Sanktionen im Jahr 1401(( 2022 )) waren in der Wirtschaft und Politik der Islamischen Republik sichtbarer denn je, und der Kurs des Dollars erreichte 60.000 Toman, was den freien Fall des Wertes der Landeswährung und die Verarmung des Landes bedeutet die iranische Gesellschaft.Dieser Trend wurde 1402(( 2023 )) stärker vorhergesagt, und die Behörden der Islamischen Republik haben eine Politik der Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarn, der Ausweitung der Zusammenarbeit mit China und Russland, der Erhöhung der Steuern, des Verkaufs von Staatseigentum und der Reduzierung vieler Ausgaben zur Verringerung dieser Auswirkungen eingeführt.Die Realität und die Auswirkungen internationaler Sanktionen sind inzwischen so sichtbar geworden, dass kein Beamter in der Islamischen Republik sie als „Segen“ und „Chance“ betrachtet und zufällig nach einem Weg sucht, ihre allseitigen schädlichen Auswirkungen zu verringern.Diese Situation ist so weit fortgeschritten, dass das vierteljährlich erscheinende Magazin „Economic Research“, das der Universität „Tarbit Modares“ angegliedert ist, in seiner neuesten drei Studien über die Auswirkungen von Sanktionen auf die Wirtschaft der Islamischen Republik und den Wert der Landeswährung veröffentlicht hat Ausgabe.Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen klar und transparent, dass Sanktionen zur wichtigsten Ursache mikro- und makroökonomischer Probleme im Iran geworden sind und die Fortsetzung dieses Trends in der Zukunft zu katastrophalen sozialen, persönlichen und wirtschaftlichen Folgen führen kann.
Wie eine detaillierte Untersuchung der Handelskammer von Teheran zeigt, sind ineffektive Geld- und Devisenpolitik, Mangel an effektiver internationaler Finanzkommunikation, Anstieg der Bankforderungen, Rückgang des Vertrauens internationaler Verkäufer in das iranische Bankensystem, Anstieg des Investitionsrisikos für Ausländer und Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Bankensystem gehören zu den wichtigsten.Es sind die strukturellen Krankheiten in der Islamischen Republik, die dazu geführt haben, dass das gesamte System unter Ineffizienz und Korruption litt und zusammenbrach.
Gleichzeitig mit der Fortsetzung der Proteste und der Fortsetzung der Streiks in den letzten Tagen in einigen Produktionszentren des Iran weisen einige Berichte auf die Bildung von Streiks der Lastwagenfahrer in einigen Teilen des Landes hin. Am Sonntag, dem 27 November2022 , wurden Videos von Lkw-Fahrern veröffentlicht, in denen sie ihren Streik ankündigten.Der Streik der Trucker nimmt einen Tag nach der Veröffentlichung von Streikberichten in einigen Fabriken und Produktionszentren Gestalt an, darunter die Eisenschmelze Company in Isfahan.In mehr als siebzig Tagen, die seit Beginn der landesweiten Proteste von „Frau ,Leben, Freiheit “ vergangen sind, kam es neben dem Streik von Arbeitern und Angestellten einer beträchtlichen Anzahl von Produktions- und Industrieeinheiten an mehreren Tagen auch zum Streik von Händlern und Ladenbesitzern hat in vielen Städten Schlagzeilen gemacht.Als Folge der Unterdrückung der landesweiten „„Frau ,Leben, Freiheit “ -Proteste wurden nach Angaben der Harana Human Rights bis Freitag mindestens 448 Demonstranten getötet, darunter mindestens 63 Kinder.
Erneutes Schließen der größten Goldmine des Iran durch die Belutschen in Taftan:
Berichten von Belutschen zufolge versammelten sich am letzten Tag des 31Oktober 2022 Hunderte von Belutschen in der Taftan-Goldmine, erlaubten der Islamischen Republik keinen Bergbau und schlossen die Mine. Die Goldmine Taftan ist eine der größten Goldminen im Iran, die die Islamische Republik abbauen will.Das Volk der Belutschen erklärte, dass die Gelder dieser Mine der Nation der Belutschen gehören und dass sie niemals zulassen werden, dass die Gelder von Belutschistan von Ausländern abgezogen und ausgegeben werden.
Als es am Freitag, den 28. Aban 1400 (19. November 2021) erneut zu Protesten wegen des Wassermangels in Isfahan kam, versuchten die Machthaber zuerst, sich scheinbar auf die Seite der Demonstrierenden zu stellen und räumten der Berichterstattung über die Proteste viel Platz ein, in der Hoffnung, so die Kontrolle über die Vorgänge zu gewinnen. Aber dann gesellten sich die Bürger der Stadt zu den Bauern, worauf der Staat wieder seine bewaffneten Organe auffuhr. Laut der Webseite der Menschenrechtsorganisation Horana wurden 214 Menschen verhaftet, darunter 13 Kinder, mindestens 30 Menschen mussten wegen Augenverletzungen im Krankenhaus behandelt werden. Bei vielen Verhafteten handelt es sich um betagte Menschen, sie wurden in der Nacht vom Dastgerd-Gefängnis in Isfahan an einen unbekannten Ort verlegt. Laut Video-Aufnahmen setzten die staatlichen Kräfte Tränengas und Schrot gegen die Demonstranten ein. Es soll namentlich das Schrot sein, das zu zahlreichen Augenverletzungen geführt hat.
Proteste wegen des Wassermangels in Isfahan
Die übliche Masche, die Demonstranten als Separatisten darzustellen, die vom Ausland gesteuert seien und die staatliche Einheit gefährdeten, wie das bei Protesten in Chusistan (Araber), Kurdistan, in Aserbaidschan, bei den Bachtiyaren und in Sistan und Balutschistan (Balutschen) die Regel ist, zieht im Falle Isfahans nicht. Namentlich die im Zentrum des Irans gelegenen Provinzen wie Isfahan waren bislang immer eine Bastion der geistlichen Machthaber. Dass jetzt die Staatskräfte die Zelte der protestierenden Bauern angezündet haben, weckt religiöse Assoziationen, mit denen die Geistlichen bislang immer die schiitische Bevölkerung im Zentrum des Landes an sich gebunden haben. Die Wasserzufuhr abzuschneiden und die Menschen dem Verdursten auszusetzen war nach den schiitischen Überlieferungen das Vorgehen des Ummajaden-Chalifen gegen Imam Hussein (Sohn des Ali) und seine Karawane, gesteigert noch durch Überfälle auf die Zelte der Karawane, die angezündet wurden, und das Massakrieren von Kindern, alten und jungen Menschen. Das Schiitentum findet seinen überlieferten Ursprung im Märtyrertod Husseins in der Schlacht von Kerbala. Und jetzt sind genau diejenigen, die den Menschen ihr Leben lang von diesem Märtyrertod erzählt haben und diesen bei den Aschura-Umzügen Jahr für Jahr wieder beleben, auf einmal die Täter, die die Rolle des Bösen beim Tod der Märtyrer spielen.
Die Botschaft der brennenden Zelte im ausgetrockneten Flussbett auf den noch verbliebenen Teil gläubiger Schiiten ist verheerend.
Sollten auch sie sich von der Regierung abwenden, wird es eng für die Machthaber.
Die vielen Torbögen im Hintergrund sind eine Brücke!
Aus der Europäischen Union kennen wir so manche Bilder von streikenden Bauern: Etwa, dass Fuhren voll Tomaten abgeladen werden, oder dass Hunderte von Traktoren den Straßenverkehr lahmlegen.
Zelt im Flussbett
Im Iran kommt jetzt eine neue Variante dazu: Die Bauern von Isfahan haben ihr Zelt im Flussbett des Zayande-Rud aufgeschlagen und Feuer entfacht. Wie das? Im Wasser? Nein, genau das ist der umstrittene Punkt. Die Staudammprojekte, Wasserentnahmen und Wasserleitungen in andere Regionen haben dazu geführt, dass ein im Iran so berühmter und für Isfahan so zentraler Fluss (wie etwa der Rhein in Köln) nicht mehr existiert. Die Stadt mit knapp zwei Millionen Einwohnern sitzt auf dem Trockenen. Die Bauern können nicht aussäen, weil das Wasser fehlt, und verlieren dadurch ihr Einkommen. Das betrifft namentlich die Aussaat von Winterweizen, die jetzt fällig wäre.
Die Bauern verlangen jetzt, dass ihre Rechte auf Wasser geachtet werden. Sie klagen über die verfehlte Industriepolitik. Unternehmen, die viel Wasser benötigen, etwa die Stahlindustrie oder die Produktion von Fliesen und Kacheln, hätten nichts in einem Gebiet verloren, wo das Wasser rar ist, sondern gehörten in die Nähe des Meers. Solche Firmen in Isfahan anzusiedeln bedeute eine Diskriminierung der Bauern, denen das Wasser dann fehle.
In der südwestlichen iranischen Region Chusestan herrscht Wassermangel. Nicht nur Mangel an Wasser für Landwirtschaft und für das Vieh, sondern auch in Tausenden von Orten an Trinkwasser.
Hochwasser in Chusestan, 2019, Karche-Fluss
Klimawandel?
Sieht man die Trockenheit vor dem Hintergrund der starken Regenfälle und des verheerenden Hochwassers vom März/April 2019, kommt der Verdacht auf, dass es sich auch im Iran um die Folgen des Klimawandels handelt, mit einem Trend zu Extremereignissen. Im Moment ist dieser Verdacht pure Spekulation. Ohne Fachwissen können wir nicht beurteilen, wo der Jet Stream damals und heute stand und wie er das Wetter im Iran beeinflusste. Auch die Frage, ob die iranische Bevölkerung das ausbaden muss, was wir – die Industrienationen in Europa, Nordamerika, Japan und China – durch unsere Kohlendioxid- und Methangasemissionen der Weltbevölkerung einbrocken, können wir nicht beantworten. Denn „der Iran“ ist nicht nur Opfer, er gehört auch selbst zu den großen Produzenten von Erdöl und Erdgas und treibt den Abbau von fossiler Kohle im eigenen Land voran. Selbst wenn wir die genauen Mengen der Ausbeutung fossiler Energieträger im Iran wüssten, wäre das noch nicht die vollständige Antwort, da Erdöl und Erdgas auch in den Export gehen und somit ein Teil nicht im Iran verbrannt wird.
Eigenverantwortung
Trotz dieser Signale, die die Frage nach einem Klimawandel aufwerfen, verläuft die Diskussion im Iran entlang anderer Linien. Hier geht es viel mehr darum, wie sehr staatliches Handeln für die Schäden von Hochwasser und Dürre verantwortlich ist. So wurde darauf hingewiesen, dass Projekte für die Entwicklung neuer Stadtteile teilweise in trockenen Flussbetten durchgeführt wurden, ohne an die Entwässerung solcher Gebiete zu denken, wenn Regen fällt.
Staudamm statt Jet Stream?
Staudämme ermöglichen die Nutzung der Wasserkraft für Stromgewinnung. Aber wenn die Kraftwerkbetreiber bei Hochwasser ihre Schleusen öffnen, um eine Beschädigung der Dämme zu vermeiden, erhöhen sie noch die Hochwasserschäden. Und wenn sie bei Wasserknappheit den Abfluss reduzieren und die Hitze die Verdunstung auf den Stauseen erhöht, dann sind die Staudämme selbst ein Faktor, der die Folgen von Wetterschwankungen verschärft.
Der Journalist Dariush Me‘mar ist jetzt in einem Artikel in der persischen Ausgabe von The Independent der Frage nachgegangen, welche Menschen und Machtstrukturen im Iran hinter der Wasserknappheit stehen. Dieser Artikel wurde am 26. Juli 2021 auf der Webseite von Peykeiran veröffentlicht.
Das Handwerk der Politiker
Wenn wir im Iran von Politikern reden, reden wir automatisch auch von Geistlichen. In Deutschland ist das weniger auffällig, weil da die Politiker sich selbst als Verwirklicher moralischer Werte inszenieren, auch wenn sie die kirchliche Agenda eher im Hintergrund vorantreiben. Das wird bei Themen wie Abtreibung oder Sterbehilfe manchmal sichtbar. Aber selbst hierzulande bringen sich Geistliche durchaus in die Politik ein, etwa der Erzbischof von Freiburg, wenn er „Genderideologie“ und „Umweltbewegung“ als „moderne Häresien“ bezeichnet. Politiker brauchen die Stimmen der Wähler, um sich zu legitimieren. Für Geistliche im Iran, die sich als Stellvertreter Gottes auf Erden betrachten, ist diese Legitimation zwar zweitrangig, aber diese Legitimation ist für sie im Umgang mit westlichen Staaten von Nutzen. Dann ist es leichter, mit Verweis auf den Wählerwillen Kritik aus dem Westen abblitzen zu lassen. Schauen wir, wie die iranischen Politiker auf die Wassernot in Chusestan reagieren:
Der scheidende Staatspräsident Hassan Rouhani
Der scheidende Staatspräsident Hassan Rouhani betonte, dass die Menschen in Chusestan mit gutem Recht über den Wassermangel verärgert seien, aber sie müssten auch aufpassen, dass die Gegner der Islamischen Republik sich das nicht zunutze machten.
Der Religiöse Führer Ajatollah Chamene’i
Der religiöse Führer Ajatollah Chamene‘i bezeichnete den Wassermangel in Chusestan als zutiefst schmerzend und führte die Situation auf „mangelnde Berücksichtigung meiner Auffassungen in den vorausgegangenen Jahren“. Sprich: Andere haben nicht auf seine weisen Worte gehört, deshalb gibt es jetzt kein Wasser in Chusestan.
Ebrahim Ra’issi, der jetzt das Präsidentenamt übernimmt
Ebrahim Ra‘issi, der neu „gewählte“ Präsident des Irans, betonte, dass das Problem des Mangels an Trinkwasser mit Priorität gelöst werden müsse. Es gehe nicht an, dass das Volk darunter leide. Er – Ebrahim Ra‘issi, habe den Rat gegeben, dass die zuständige Stiftung auf den Plan trete, um das Problem zu lösen. Mit anderen Worten: Die führenden Personen äußern alle Verständnis für die protestierende Bevölkerung in Chusestan, aber keiner von ihnen gibt den Befehl, dass die brutale Unterdrückung der Proteste gestoppt wird.
Image ist alles
In der Politik und bei Wahlen zählt nicht, was ein Politiker tatsächlich tut oder getan hat, sondern das, was die Wählenden über ihn glauben. Dieser Glauben wird durch das Auftreten beeinflusst: Wirkt der Mensch seriös? Was hat Einfluss auf die Glaubwürdigkeit? Das Alter? Die Herkunft? Der Haarschnitt? Der Bart? Die Kleidung? Die Gestik? Die Tonhöhe der Stimme? Die Berichterstattung in den Medien? Seine oder ihre Fähigkeit, wirtschaftliche Veränderungen für die Wählenden herbeizuführen? Wenn wir diese Punkte aufzählen, dürfen wir nicht vergessen, dass es im Iran keine freien Medien gibt und unabhängige Blogger schnell im Gefängnis landen. Die Politiker, also die Geistlichen, entscheiden noch viel stärker über wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Einzelnen, weil der Staat die meisten Wirtschaftszweige in der Hand hat. Selbst die Privatisierung im Iran war nur eine Scheinprivatisierung. Eine Studie des wissenschaftlichen Dienstes des iranischen Parlaments von 2016 hat ergeben, dass nur ein Sechstel der Privatisierungen im Iran tatsächlich in privaten Händen landete, der Reste war nur eine getarnte Übertragung der Aktien an Menschen im Dunstkreis staatlicher Institutionen. Aufgrund der führenden Rolle der Geistlichen sind staatliche Institutionen hier nicht nur Ministerien, sondern auch religiöse Stiftungen. Schauen wir uns einige von ihnen näher an.
Das Resa-Heiligtum in Maschhad
Astan-e Qods Razavi – die Heilige Schwelle des Resa-Heiligtums in Maschhad
Diese Stiftung gehört zu den größten Unternehmen des Irans. Sie beschäftigt in ihren Unternehmen rund 19.000 Menschen. Die Neue Zürcher Zeitung schreibt hierzu 2017: „Der Stiftung gehören die Hälfte des Immobilienbesitzes in der Millionenstadt Mashhad sowie grosse Teile der umliegenden Provinz Khorasan, wie die Tübinger Ethnologin Katharina Müller erklärt.“ Die Webseite Iranwire schreibt am 16. März 2016, dass die Stiftung 90% der fruchtbaren Böden in den drei nordöstlichen Provinzen des Irans besitzt.
Von der Revolution 1979 bis zu seinem Tod im Jahr 2016 war der Direktor der Stiftung Ajatollah Abbas Vaez-Tabasi. Seine Tochter ist mit dem Sohn des Religiösen Führers Ajatollah Chamene‘i verheiratet. 2016 ernannte der Religiöse Führer Ajatollah Chamene‘i einen neuen Direktor für die Stiftung: Ebrahim Ra‘issi. Zu ihm merkt Ulrich von Schwerin in der Neuen Zürcher Zeitung 2017 an: „Raisi ist mit einer Tochter des einflussreichen Freitagspredigers von Mashhad, Ayatollah Ahmad Alamolhoda, verheiratet.“
Das Logo der Stiftung
Ra‘issi leitete die Stiftung bis 2019, als Chamene‘i ihn zum Oberhaupt der Justiz ernannte, bis er jetzt – 2021 – ins Amt des Staatspräsidenten überwechselte. Wenn Ra‘issi davon spricht, er habe den Rat gegeben, die zuständige Stiftung mit der Lösung des Trinkwasserproblems in Chusestan zu beauftragen, meint er vermutlich die Astan-e Qods Razavi.
Das Fatima-Heiligtum in Qom
Haram-e Fateme-ye Masumeh – Das Heiligtum der unschuldigen Fatima in Qom
Nach dem Resa-Heiligtum in Maschhad ist das Fatima-Heiligtum in Qom der zweitwichtigste Wallfahrtsort im Iran. Der Bevollmächtigte für diese Stiftung ist Seyyed Mohammad Saeedi (Sa‘di), der zugleich der Freitagsprediger von Qom ist. Die Freitagsprediger werden direkt vom Religiösen Führer eingesetzt. Der Vater von Seyyed Mohammad Saeedi war Seyyed Mohammad Reza Saeedi. Er war ein Mitstreiter von Chomeini und soll im Alter von 41 unter dem Schah an den Folterungen des Geheimdienstes SAVAK gestorben sein.
Staudammbau
Sherkate Mahâb: Macht über das Wasser
Sherkate Mohandesiye Moshâvere Mahâbe Qods, die Ingenieurs- und Beratungsfirma Mahabe Qods, ist im Iran das Unternehmen, das die meisten Firmen für Staudammbau und den Betrieb von Staudämmen, für die Speicherung und Verteilung von Wasser und Strom unter ihrem Dach vereinigt. Die Stiftung Astan-e Qods Razavi besitzt 26% dieser Firma, die Stiftung Haram-e Fateme-ye Masumeh besitzt weitere 25%, so dass die beiden Stiftungen zusammen die eigentlichen Herrscher über die Wasservorräte des Irans sind. Unter dem angeblich „moderaten“ Präsidenten Hassan Rouhani wurden in der Parlamentsperiode 2016-2020 die übrigen 49% der Aktien der Firma Mahâb an die Stiftung Astan-e Qods Razavi übertragen. Ein Vorgehen, das deutlich macht, dass das reformorientierte, wirtschafts“liberale“ Image von Hassan Rouhani nicht unbedingt den Tatsachen entspricht. Als der Vorgang publik wurde, war der Skandal so groß, dass Hassan Rouhani die Aktien wieder gegen eine üppige Entschädigung aus der Staatskasse zurückholte und dem Ministerium für Energie übertrug. Es heißt, dass der neue Präsident Ebrahim Raissi schon bald nach seinem Amtsantritt die Rückgabe wieder rückgängig machen will. Dieses beharrschliche Geschachere um die Staudämme, die Wasser- und Energievesorgung des Landes zeigen deutlich, dass es hier um einen Kernbereich von Macht geht. Das wird hierzulande gerne übersehen, und da sich die Mehrheit der Menschen bei Themen wie Wasser, Abwasser und Strom meist nur für die Gebühren und Preise interessiert, ist das Gespür für kritische Entwicklungen noch in den Anfängen. Sichtbar wurde es hier in Zusammenhang mit dem Thema Cross-Border-Leasing-Verträge Anfang der 2000er. Damals wurden in Österreich und Deutschland Unternehmen der Wasserversorgung (z.B. der Bodensee-Wasserverband), Abwassernetze (z.B. das Abwassernetz von Stuttgart) und Wasser-Kraftwerke (zum Beispiel von der TIWAG in Tirol) an US-Konzerne verhökert und zurückgeleast, mit dem Ziel, die US-Steuerbehörden um ihre Einnahmen zu prellen. Die Verträge waren zugleich mit Geheimhaltungsklauseln versehen, die auch eine nachträgliche Kontrolle durch die Öffentlichkeit bis heute behindern. Vielleicht helfen diese Hinweise, um sich auszumalen, wie sehr die Verschwiegenheit der Stiftungen den iranischen Machthabern hilft, ihre persönliche Verantwortung für die Wassernot im Lande zu verschleiern.
Logo von Mahab Qods
Zurück zu Sherkate Mahâb: Diese Firma besitzt 49,98% der Aktien von Sherkate Sarmâye-Gozâriye sanâye°e barq wa âb Sabâ (dt. Investitionsgesellschaft für Strom- und Wasserindustrie) sowie einen beträchtlichen Anteil der Goruhe Bozorge Mapnâ (Großgruppe Mapnâ), der drittgrößten Firma im Bereich von Kraftwerk- und Staudammbau im Nahen Osten. Weiterhin besitzt Mahâb 51 bis 60% der Anteile an 39 Firmen auf Provinzebene, die für die Stromversorgung zuständig sind, sowie einen bedeutenden Anteil an weiteren 25 Firmen zur Stromgewinnung und zum Betrieb von Kraftwerken. Hinzu kommen Anteile an 44 Firmen im Sektor Wasserversorgung und Abwassernetz auf Provinzebene.
Logo der EIKO
Das Hauptquartier zur Ausführung des Befehls des Imams (EIKO)
Diese Institution – auf Persisch Setâde Ejrâye Farmâne Emâm oder kurz Setâd, auf Englisch Execution of Imam Khomeini‘s Order (EIKO), die sich im Namen auf Imam Chomeini beruft, den Gründer der Islamischen Republik, wurde im April 1989, einen Monat vor Chomeinis Tod auf dessen Betreiben gegründet. Eigentlich sollte sie konfisziertes und herrenloses Vermögen aus Grundstücken und Unternehmen aus den Anfangsjahren nach dem Sturz des Schahs verwalten, den ursprünglichen Besitzern zurückgeben oder an den Staatsaushalt übertragen. Aber es kam anders. Die Institution, die Reichtümer verteilen sollte, wurde zu einer Organisation, die Reichtum anhäufte. Laut einer Schätzung von Reuters aus dem Jahr 2013 hat sie sich bis dahin Immobilien im Wert von 52 Milliarden Dollar und Anteile an Firmen im Wert von 43 Milliarden Dollar angeeignet.
EIKO – im Namen des Befehls von Chomeini
Einer der drei Gründer dieser Organisation war übrigens Mehdi Karrubi, 2009 einer der reformistischen Kandidaten der Präsidentschaftswahl, der bis heute im Hausarrest lebt, einer illegal verhängten Form von Gefangenschaft ohne Gerichtsverfahren.
Logo der Tadbir Economic Development Group
Tadbir (Maßnahme) und Barakat (Segen): die islamische Alternative zu feindlicher Übernahme und Spin-Doktoren?
Die EIKO hat ihre Aktivitäten in zwei Dachorganisationen zusammengefasst – der Tadbir Economic Development Group, die die Aktienpakete verwaltet, und der Barakat-Stiftung, die Dorf-Entwicklungsprojekte durchführt. Dadurch, dass Tadbir den Religiösen Führer und die Justiz hinter sich weiß, kann sie den erforderlichen Druck ausüben, um Eigentum in ihren Besitz zu bekommen – Reuters berichtete 2013 über entsprechende Praktiken (ohne dabei Tadbir namentlich zu erwähnen).
Barane Barakat – der Regen des Segens, Wortspiel mit dem Namen der Barakat-Stiftung
Die Barakat-Stiftung kann durch die Entscheidung, wo sie Entwicklungsprojekte durchführt, dafür sorgen, Anhänger und Unterstützer des Systems in den entsprechenden Gebieten zu rekrutieren.
Die Buchhaltung des Hauptquartiers zur Ausführung des Befehls des Imams (EIKO) darf nicht einmal vom iranischen Parlament kontrolliert werden. Insofern sollte man Behauptungen von Vertretern des EIKO nicht zum Nennwert nehmen, wenn sie sagen, sie hätten nicht mehr Rechte als andere Privatunternehmen, und sie würden auch Steuern zahlen. Wo ist die Behörde, die das kontrollieren könnte? Und wenn es ums Recht geht: Wer kann sich mit einer Institution anlegen, die direkt dem Religiösen Führer untersteht, der als „Rechtsgehlehrter“ die Rechtsprechung in der Hand hat und den Obersten Chef der Justiz persönlich einsetzt?
Der Höhenflug der EIKO ist vor allem der Tatsache zu verdanken, dass der Religiöse Führer auf diesem Weg über ein Budget verfügen kann, das kein Parlament kontrollieren oder gar kürzen kann und das ihn auch unabhängig von anderen Ajatollahs macht, deren Einnahmen viel stärker von religiösen Spenden ihrer Anhänger abhängen.
Mohammad Mokhber, der Präsident der EIKO
Seit 2007 wird die EIKO von Mohammad Mokhber (Mochber) geleitet, der vom Religiösen Führer Ajatollah Chamene‘i in dieses Amt eingesetzt wurde. Mohammad Mokhber kommt übrigens aus Dezful in der Provinz Chusestan.
Wasser zu Stahl?
Wenn man über Stahlerzeugung spricht, denkt man als Laie nicht an Wasser. Es wird aber zum Kühlen benötigt. In Deutschland soll der Wasserverbrauch für die Stahlerzeugung von 35 Kubikmetern pro Tonne Stahl auf 8 Kubikmeter pro Tonne Stahl gesunken sein (1983-2014). Wie hoch der Verbrauch im Iran ist, ist nicht bekannt. Bekannt ist immerhin, über welche Entnahmerechte für Wasser bestimmte Stahlunternehmen verfügen. So darf die Stahlfirma Jahân-Ârâ aus Khorramshahr (Chorramschahr) in Chusestan täglich 20.000 Kubikmeter Wasser entnehmen (ein Kubikmeter sind Tausend Liter). Chusestan hatte 2006 ca. 4,3 Millionen Einwohner. Das heißt, allein die von dieser Stahlfirma täglich entnehmbare Wassermenge von 20 Millionen Liter Wasser macht 4,6 Liter Wasser pro Kopf und Tag aus.
Die Stahlfirma Jahân-Ârâ in Chorramschahr
Und wem gehört die Stahlfirma Jahân-Ârâ? Der Hauptteil der Aktien liegt in den Händen der Barakat-Stiftung, des EIKO und der Wirtschaftsgruppe Tadbir – also in der Hand des Religiösen Führers. Eben jener Person, die jetzt den notleidenden Menschen in Chusestan versichert, man habe in den vergangenen Jahren nicht auf seine Worte gehört und er empfinde das Leiden der Menschen als zutiefst schmerzhaft.
Den Bock zum Gärtner machen
Und das ist noch nicht das Ende vom Lied: Der iranische Staatspräsident hat mit dem Hauptquartier zur Ausführung des Befehls des Imams (EIKO) einen Vertrag geschlossen, dass es die Trinkwasserversorgung in Chusestan sicherstellen soll. Und so verkündet Mohammad Mokhber, der Präsident der EIKO, stolz, dass er mit Zisternenwagen und durch einen Vertrag mit dem Unternehmen für Wasserversorgung und Abwasser der Provinz Chusestan dafür sorgen wird, dass die Bevölkerung in Chusestan zu Trinkwasser kommt. Das Wasserversorgungsunternehmen gehört übrigens der Stiftung Astane Qodse Razavi und der Firma Mahâb.
Isfahan: Zentrum der Stahlerzeugung
Staudammbau im Oberlauf des Zayande-Rud
Der Zayande-Rud ist der wasserreichste Fluss des iranischen Zentralplateaus. Sein Quellgebiet ist das zentrale Zagros-Gebirge. Sein Wasser dient u.a. der Bewässerung von Reisfeldern, einer großen Eisengießerei und der Stahlfabrik Mobareke in Isfahan. Durch den Bau von Tunneln zur Wasserentnahme wird das Wasser des Zayande-Rud nicht nur der Provinz Isfahan genutzt, sondern auch in den Provinzen Yazd und Kerman. Seit dem Jahr 1386 (2007) fließt der Zayande-Rud nicht mehr durchgängig, so dass die Bevölkerung von Isfahan plötzlich auf dem Trockenen sitzt. Man stelle sich vor, der Rhein in Köln wäre ohne Wasser oder die Seine in Paris.
Si-o-Se-Pol – 33 Brückenbögen am Zayanderud in Isfahan – vor der Austrocknung
Die Ursachen für die Austrocknung des Unterlaufs sind vielfältig. Zum einen fällt im Zagros-Gebirge weniger Schnee, so dass die Schneedecke auf den Gebirgszügen im Frühjahr 1396 (2017) unter einem Meter lag, während sie früher selbst im Sommer noch höher als 2 Meter war. Das Wasser, das über Tunnels aus dem Quellgebiet des Karun angezapft und zum Zayande-Rud umgeleitet wird, ist ebenfalls weniger geworden. Reisanbau am Unterlauf des Flusses ist ein Beispiel für nicht an das heiße Klima angepasste Landwirtschaft mit hohem Wasserverbrauch. Das lang währende Austrocknen des Unterlaufs trat erstmals in den 1990er Jahren auf, als unter Präsident Chatami begonnen wurde, Wasser aus dem Zayande-Rud in die Provinz Yazd umzuleiten.
Si-o-Se-Pol – 33 Brückenbögen am Zayanderud in Isfahan – der klägliche Zustand heute
Die Politiker von Isfahan haben zudem viel getan, Industrie in der Region anzusiedeln:
Die Eisengießerei von Isfahan, die Erdölraffinerie von Isfahan, die Petrochemie von Isfahan, die chemische Industrie, die Stahlfabrik Mobareke Sepahan, die Erdölfabrik von Sepahan und zahlreiche weitere Fabriken, die viel Wasser verbrauchen. Hinzu kommen die Kraftwerke entlang des Flusslaufs.
Logo der Stahlfabrik Mobareke
Allein das Stahlwerk Mobareke verbraucht 27 Millionen Kubikmeter Wasser, was sechs Prozent des gesamten Wasserverbrauchs von Isfahan darstellt. Die persische Wikipedia gibt an, dass die Kapazität des Stahlproduzenten Mobareke bei 10,3 Mio Tonnen Stahl liegt. Damit käme man auf einen Verbrauch von 2,6 Kubikmeter Wasser pro Tonne Stahl, was unter dem Verbrauch in Deutschland liegt. Da für das Jahr 2019/2020 ein Produktionsrekord von 10 Mio Stahl aus Mobareke gemeldet wurde, stellt sich die Frage, ob die Firma sparsamer mit Wasser umgeht als deutsche Firmen oder ob die Zahlen über den Wasserverbrauch aus politischen Gründen gefälscht wurden. Die iranische Wikipedia schreibt über die Firma, sie habe einen Weltrekord im Einsparen von Wasser gesetzt und verbrauche „nur 5,1% des Wassers des Zayande-Rud“.
Eines der Werke der Stahlfabrik Mobareke in Isfahan
Wem gehört nun die im Iran preisgekrönte Stahlfabrik Mobareke? Die Hauptaktionäre sind Einrichtungen wie die Sazemane touse‘eye nousaziye ma‘aden wa sanaye‘e ma‘dani (Behörde zur Entwicklung und Erneuerung der Bergwerke und der Verhüttungsindustrie), Sherkate touse‘eye sarmayeye refah (Firma zur Entwicklung des Wohlstandskapitals), sherkate ostane xorasane razavi (Firma der Provinz Chorassan-Rasawi), die unter staatlicher Kontrolle stehen und somit letztlich der Regierung und dem Religiösen Führer unterstehen.
Selbst wenn wir unterstellen, dass das Stahlwerk „nur“ 5,1% des Wassers des Zayande-Ruds verbraucht, kommen noch die Eisengießerei von Esfahan sowie 28 weitere Stahlfabriken in der Provinz Isfahan hinzu, deren Wasserrechte auf dem Wasser beruhen, das aus dem Oberlauf des Karun-Flusses abgeleitet wird. Auch diese Firmen sollen mehrheitlich in staatlicher Hand oder scheinprivatisiert sein.
Ajatollah Seyyed Yousef Tabatabai-Nezhad: Vom Arbeitsverbot für Frauen in Behörden, über das Verbot des Fahrradfahrens für Frauen in Isfahan bis hin zur verhüllten Aufforderung zur Gewalt an unverhüllten Frauengesichtern – ein Hardliner der Islamischen Republik Iran
Wassermangel: Gottes Strafe für schlecht verhüllte Frauenköpfe
In Isfahan hat der Religiöse Führer einen vertrauenswürdigen Vertreter etabliert: Seyyed Yousef Tabatabai-Nezhad. Er ist der Vertreter des Religiösen Führers für die Provinz Isfahan, der Freitagsprediger der Stadt Isfahan, der Leiter des Theologischen Seminars (Houzeye Elmi) von Isfahan und Vertreter von Isfahan im Expertenrat. Für ihn ist die Ursache der Austrocknung des Zayande-Rud klar: Sie ist eine Strafe Gottes, weil die Frauen von Isfahan am Ufer des Flusses mit unzureichender Kopfbekleidung promenieren und von sich dabei Fotos machen lassen. Da kommt die Frage nach Wasserentnahmerechten und Aktionären von Unternehmen erst gar nicht auf, und wenn es Gottes Strafe ist, gibt es auch nichts zu protestieren.
Zuckerrohranbau in Chusestan: Süßer Zucker und salziges Wasser
In Chusestan gibt es 6 große Unternehmen, die Zuckerrohr anbauen. Sie haben Wasserrechte auf die Feuchtgebiete und Sümpfe in Chusestan. Die Nutzung dieser Wasserrechte hat zu einem Prozess der Versalzung der Hauptwasserwege in Chusestan geführt. Wer sind die Aktionäre dieser Großunternehmen zum Zuckerrohranbau? Die Banke Melli (Nationalbank), die Banke Saderat (Exportbank) und das Ministerium für Landwirtschaft. Die beiden genannten Banken werden im Iran mit der Veruntreuung gewaltiger Geldsummen genannt, und das Landwirtschaftsministerium, das eigentlich die Landwirtschaft unterstützen soll, hat mit diesem Projekt einen wichtigen Beitrag zum Untergang der Landwirtschaft im Unterlauf des Karun geleistet.
Toter Dattelpalmenhain – die Folgen der Versalzung
One Unaccountable King is Dead, Long Live another Unaccountable King!
„The organization owns 90 percent of the fertile land in Iran’s three northeastern provinces. It owns 43 percent of the city of Mashhad, and has 300,000 tenants.“
Mariam Lotfi berichtet in der Tageszeitung Hamschahri, die vom Amt des Oberbürgermeisters von Teheran herausgegeben wird, über die Folgen der Dürre in der iranischen Provinz Sistan und Balutschistan. Sie berichtet über den Hamun-See im Osten des Irans. Eigentlich ist es eine Seenlandschaft mit Sümpfen, die nur bei hohem Wasserstand zu einem Gesamtsee zusammenwächst, der weit nach Afghanistan hineinreicht. Dieser Gesamtsee bedeckte noch vor 50 Jahren Flächen in der Größenordnung von 4000 Quadratkilometern, die persische Wikipedia spricht sogar von 5000 Quadratkilometern. Zum Vergleich, der Bodensee bedeckt 530 Quadratkilometer, der Genfersee 580. Die russische Wikipedia berichtet , dass 1903 bei einem sehr hohen Wasserstand sogar auch mal 50.000 Quadratkilometer von Wasser bedeckt waren. Sie schreibt aber auch, dass die Wasserhöhe des Sees im Schnitt einen bis anderthalb Meter beträgt. Diese Seen- und Sumpflandschaft wurde von der UNESCO auch als Biosphärenreservat ausgewiesen, aber das nützt wenig. Denn die Satellitenfotos wie auch die Einwohner vor Ort bezeugen das Austrocknen dieser Landschaft.
Landflucht
Für die Einheimischen kommt das wie eine Vertreibung. Seit nachweislich über 4000 Jahren wird in der Region Fischerei, Landwirtschaft und Viehzucht betrieben. Ohne Wasser ist alles vorbei. Fische gab es in einem Jahr als Trockenfisch, als der See zum ersten Mal völlig trocken fiel. Da haben die Einheimischen ihn in Säcken gesammelt und verkauft. Aber ohne Wasser ist Schluss mit der Fischerei. Felder ohne Wasser bei den Temperaturen sind unfruchtbar, der Wind trägt zudem Salz ein. Und das Vieh braucht Futter. Bei Trockenheit wächst kein Gras, und die Intensivwirtschaft wie hier in Deutschland oder der Schweiz liegt jenseits der Kaufkraft der Bauern. Womit sollten sie das Viehfutter bezahlen? Und schon diese Sicht greift zu kurz. Denn wenn die Wüste voranschreitet, woher soll das Futter denn kommen? Die älteren Einwohner bleiben noch in den Dörfern, die jüngeren ziehen in die Städte, nach Tschabahar, nach Zahedan, nach Teheran. In diesen Städten bilden sie dann die Slums am Rande der Stadt. Als Fischer, Bauern oder Viehzüchter haben sie dort höchstens Aussichten auf Gelegenheitsarbeiten.
Der Ursprung der Misere
An der Trockenheit schuld sind drei Dürrejahre. Heißt es. Ja, auch auf Satellitenfotos soll zu sehen sein, dass die Niederschläge im Hindukusch, von wo der Hilmand-Fluss sein Wasser bezieht, viel dürftiger waren als in früheren Jahren. Und der Hilmand-Fluss ist der Hauptzubringer von Wasser in diese Seenlandschaft. Aber das ist nicht alles. Auf afghanischer Seite wurden Staudämme gebaut, wird das Wasser für die Bewässerung von Feldern genutzt, und die Bauern, die es sich leisten können, ziehen mit Pumpen Wasser aus dem Fluss.
Was dann weiter westwärts im Iran ankommt, wird hier z.T. ebenfalls abgezogen. Für große staatliche Wasserreservoire, die die Dörfer eigentlich mit Trinkwasser versorgen sollten. Und seit den 1970-er Jahren hat auch hier eine intensivere Landwirtschaft Einzug gehalten, mit intensiver Bewässerung und Pumpen. Die ehemaligen Sumpf-Flächen, die damals für die Landwirtschaft in Beschlag genommen wurden, sind heute vertrocknet und verwüstet. Die englische Wikipedia berichtet, dass in der Zeit der landwirtschaftlichen „Entwicklung“ die Bevölkerungszahl in der Region stark gestiegen ist.
Es wird deutlich, dass hier ein Ökosystem, das wohl schon einige Jahrtausende existiert, zum Einbruch gebracht wurde, weil es übernutzt wurde. Und es verwundert nicht, dass der Abgeordnete der Region im Parlament im Teheran mehr Arbeitsplätze und bessere Trinkwasserversorgung fordert, aber zugleich auch darauf hinweist, dass ein anderer Fluss der Region, der im Golf von Oman mündet, noch so und so viel Kubikmeter Wasser pro Jahr ins Meer befördert. Das könne man ja stauen und mit Leitungen herpumpen. Nach dem Motto: Wir haben ein System zerstört, zerstören wir das nächste.
Wir sind mit vom Spiel
Und wir sollten nicht mit dem Finger auf „die Iraner“ zeigen. Hier handhaben wir es nicht anders. Sei es Müll, sei es Energieverbrauch, seien es Abgase. Wir „lösen“ ein Problem, indem wir ein paar weitere erzeugen. Verderbliche Lebensmittel zu jedem Zeitpunkt wie Milch, Fleisch, Joghurt oder Kopfsalat? Ein Kühlschrank muss her! Gifte Kühlflüssigkeit (Ammoniak)? Wir finden Abhilfe – Fluorkohlenwasserstoffe. Dann auf einmal: Die Ozonschicht wird zerstört. Das UV-Licht zerstört uns. Also weg mit den Fluorkohlenwasserstoffen, aber nicht weg mit dem Kühlschrank. Oder der Energieverbrauch. Nachhaltigkeit. Windenergie. Nach 20 Jahren wird die erste Generation der Generatoren verschrottet. Riesige Propeller mit Glasfasern. Keiner will sie. Zum Glück gibt es Abnehmer in Polen. Da laufen die Windflügel noch und das Problem mit dem Abfall haben dann „die Polen“. Und so weiter.
همشهری در گزارش میدانی و تحلیلی به تاثیر خشکسالی و بیآبی در روستاهای سیستان و بلوچستان پرداخت که به مهاجرت بخش جالب توجهی از جمعیت این مناطق به شهرهایی چون تهران، زاهدان و چابهار منجر شده است.
Das Elektrizitätswerk von Eslam-Abad hatte vor 10 Jahren rechtswidrig den Zugang der Landwirte zum Fluss Sayande-Rud mit einer Mauer abgesperrt, um sie an der Nutzung des Wassers für ihre Felder zu hindern. Trotz gerichtlichen Beschlusses, die besetzten Gebiete zu räumen, kam das E-Werk diesem nicht nach. Jetzt haben die Bauern zur Selbsthilfe gegriffen und die Mauern selbst mit dem Bulldozer eingerissen. Es fällt auf, dass diesmal weder Polizei noch Revolutionswächter zu sehen waren.
Zur Safawidenzeit (16.-18. Jahrhundert) wurden in der Region Isfahan rund 3000 Taubentürme gebaut. 251 davon stehen noch in Chomeini-Schahr und im Gebiet Walaschan. Die Türme waren im Sommer kühl und boten im Winter Schutz vor der Kälte, weshalb sich dort Tauben ansiedelten. Ihr Kot war begehrter Dünger für die Landwirtschaft, da darin die Nährstoffe für den Boden und die Pflanzen in konzentrierter Form enthalten sind, ähnlich wie Guano, der allerdings nicht direkt der Kot von Vögeln ist, sondern aus der Reaktion von Kalkstein mit dem Kot entsteht. https://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=178504
vom 25. Esfand 1397 (16. März 2019)
°aks / borjhaye kabutarxane
Wir haben wiederholt über den Streik der Zuckerrohrarbeiter in Haft-Tape berichtet. Ney-Shekar ist das persische Wort für Zuckerrohr. Aber in Wirklichkeit wurde der Zucker für diese Fabrik gar nicht aus Zuckerrohr gewonnen, sondern aus Zuckerrüben.
Die Fabrik wurde noch vor der Revolution von 1979 unter der Schahregierung mit staatlichen Geldern gebaut. Es waren zwei Fabriken: eine in Desful, die andere in Haft-Tape. Erbaut wurden die Fabriken von Arbeitern und Ingenieuren aus der damals noch existierenden Tschechoslowakei (CSSR). Zur Anfangszeit waren dort 580 Arbeiter beschäftigt. Auf 7000 Hektaren in der Umgebung der beiden Fabriken wurde Zuckerrohr angebaut, wodurch etwa 4000 bis 5000 Menschen in der Landwirtschaft mit Arbeit und Absatz gesichert waren. Nach der Revolution von 1979 wurde ein Revolutionswächter Chef der nach wie vor staatlichen Firma. Nunmehr zählte nicht mehr die Professionalität der Arbeitskräfte, sondern ihre Ergebenheit gegenüber der Moschee, das heißt den Geistlichen. Die Zahl der Arbeiter sank von 580 auf 300, aus festen Arbeitskräften wurden Saisonarbeiter. Dann kam die Privatisierungspolitik von Präsident Rafsandschani – nach dem Ende des irakisch-iranischen Krieges.
Zwei bekannte Geistliche aus Qom, Ajatollah Makarem-e Schirasi und Ajatollah Wa°ese Tabassi „kauften“ die Fabrik für 2 Milliarden Tuman (damals noch ca. 500 Mio Dollar!) – mit Hilfe von Geldern, die von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds stammten.
Natürlich schoben sie andere Namen vor, um nicht ins Gerede zu kommen. Zwei Direktoren – Yussefi und Aschtari – machten sich damals einen Namen, indem sie das Geld, das den Bauern, die die Zuckerrüben geliefert hatten, vorenthielten und unterschlugen. Das führte dazu, dass der Anbau von Zuckerrüben in der Region zusammenbrach. Als die Zuckerfabrik gegenüber den Bauern und Arbeitern eine Schuld von damals 8 Milliarden Tuman angehäuft hatte, gelang es den gut vernetzten Privatiers, von der Export-Bank in Schusch einen Kredit zu erhalten, um die Schulden zu bezahlen. Sie wussten besseres damit zu tun. Die Arbeiter und Bauern sahen in die Röhre, das Geld fand unter den weiten Talaren der Geistlichen andere Wege.
Um sich die Arbeiter vom Leibe zu halten, versuchten die Direktoren damals, arabisch-sprachige und persisch-sprachige Arbeiter gegeneinander auszuspielen, aber bald merkten beide, dass sie an der Nase herumgeführt wurden, und taten sich zusammen.
Die Privatisierung führte dazu, dass die Anlagen und Maschinen der Fabrik nach und nach verscherbelt wurden, so dass zweifelhaft ist, welche Kapazitäten die Fabrik in Haft-Tape heute noch besitzt. Die Fabrik in Desful musste aufgrund ähnlicher Machenschaften schon früher geschlossen werden. Während die neuen Eigentümer bei der „Privatisierung“ nur 2 Milliarden Tuman für die Fabrik bezahlt hatten, erzielten sie für den Verkauf der Maschinen und Anlagen ein Mehrfaches. Nicht nur das: Sie importierten Zucker aus dem Ausland für 11 Milliarden Dollar. Zwei Drittel davon ging als Gewinn in die Taschen der Geistlichkeit von Qom und der anderen Geistlichen, die hinter dieser Fabrik standen, beispielsweise Ajatollah Mesbah-e Yasdi.
So sieht „Privatisierung“ im Iran aus, und die Stahlfabrik in Ahwas erwartet ein ähnliches Schicksal.
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