Dieser Weblog wird seit dem Jahr 2004 ehrenamtlich von Personen deutscher und iranischer Herkunft betrieben. Wir verteidigen die Menschenrechte, unterstützen Politische Gefangene und berichten regelmäßig über die aktuelle politische, wirtschaftliche und kulturelle Situation im Iran.
Weblog von Ali Schirasi
Dieser Weblog wird seit dem Jahr 2004 ehrenamtlich von Personen deutscher und iranischer Herkunft betrieben. Wir verteidigen die Menschenrechte, unterstützen Politische Gefangene und berichten regelmäßig über die aktuelle politische, wirtschaftliche und kulturelle Situation im Iran.
Hodschat-ol-Eslam Ahmad Mortazavi-Moqaddam, Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs der Islamischen Republik
Die 11. Kammer des Strafgerichts Nr. 1 von Teheran hat einen 27-jährigen Mann und eine 33-jährige Frau, beide mit jemand anderem verheiratet, wegen illegaler Geschlechtsbeziehung zur Steinigung verurteilt.
Logo des Obersten Gerichtshofs des Irans
Die 26. Kammer des Obersten Gerichtshofs der Islamischen Republik Iran hat daraufhin Gnade an den Tag gelegt. Die Kammer wandelte die Steinigung auf Erhängen am Galgen um.
Vordergrund Mitte: Ra’isi, der aktuelle Staatspräsident, der Kopf rechts hinter ihm ist Mortazavi-Moqaddam, der Vorsitzende des Obersten GerichtshofsDieser Mann spricht Recht…
Soheila Hejab, eine politisch aktive Iranerin, wurde im vorletzten Jahr verhaftet und Anfang letzten Jahres bis zur Verhandlung auf freien Fuß gesetzt. Ihr Fall wurde vor der 28. Kammer des Revolutionstribunals Teheran unter dem Vorsitz von Richter Mohammad Maqisse verhandelt. Ihr wurden „Straftaten“ von der Art: „Propaganda gegen das Regime“, „kriminelle Ansammlung“, „Aufstachelung der öffentlichen Meinung zur Anstiftung von Unruhe“, „Bildung einer illegalen Gruppe“ zur Last gelegt und sie wurde zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt, von denen sie auf alle Fälle 5 Jahre absitzen muss. Ihr Gesundheitszustand hat sich so sehr verschlechtert, dass sie eine Behandlung im Krankenhaus benötigt, was ihr aber bislang verweigert wurde. Sie ist darauf in Hungerstreik getreten. Nach der Zusicherung, dass man ihren „Forderungen nachgehen“ werde, hat sie den Hungerstreik zwischenzeitlich abgebrochen. Solche windigen Zusicherungen angesichts eines so bombenharten Urteils dienen wahrscheinlich nur dazu, die öffentliche Meinung irrezuführen. Der Name des Richters Mohammad Maqisse spricht Bände. Wenn ein Fall dort landet – und das dürfte kein Zufall gewesen sein, dann müssen im Hintergrund Leute aktiv geworden sein, die ein Interesse daran haben, Soheila Hejab mundtot zu machen.
Kampagne zur Freilassung von Nazanin Zaghari-Ratcliffe
In Großbritannien hat sich eine Initiative mit dem Namen „Free Nazanin campaign and Redress“ (Kampagne zur Freilassung von Nazanin und zur Wiedergutmachung) mit dem Ziel der Freilassung von Nazanin Zaghari-Ratcliffe gebildet. Die Kampagne bezeichnet die Festnahme von Nazanin und anderen Menschen doppelter Staatsbürgerschaft, die im Iran verhaftet wurden, als staatliche Geiselnahme. Sie fordert, dass gegen zehn Iraner, die in die willkürzliche Verhaftung und Verurteilung dieser Menschen involviert sind, Sanktionen verhängt werden. Die neue britische Außenministerin Liz Truss will am heutigen Montag bei einem Treffen mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian in New York die Freilassung aller britischen Staatsbürger fordern, die im Iran in Haft gehalten werden. Nazanin Zaghari-Ratcliffe war im April 2016 verhaftet worden. Obwohl sie ihre ursprüngliche Haftstrafe von fünf Jahren Gefängnis verbüßt hat, wird ihr die Erlaubnis verweigert, Teheran zu verlassen. Der Ehemann von Nazanin meint, es sei die iranische Form der Diplomatie, Menschen als Geiseln zu benutzen. Für den Iran beinhalte dies keine Kosten.
Ab dem 31. Mordad 1400 (22.08.2021) hat eine Gruppe namens „Edalate Ali“ (Alis Gerechtigkeit) mehrere Videos veröffentlicht, die laut Angaben der Gruppe aufgenommen werden konnten, weil es ihnen gelungen sei, sich durch hacken in die Überwachungskameras des Ewin-Gefängnis einzuloggen.
Aus dem Kontrollzentrum des Ewin-Gefängnisses
Die amtlichen Reaktionen sind verschieden, aber typisch.
Alles Montage Mohammad Mosaddeq, der erste Stellvertreter des Oberhaupts der Justiz behauptete: „Viele der verbreiteten Videos sind Montage und haben gar nichts mit dem Gefängnis zu tun.“ Gegenüber der Nachrichtenagentur der Studenen des Iran (ISNA) erklärte er, die Bilder stammten von anderen Orten und beträfen nicht die Justiz.
Gefängnisdirektor des Ewin-Gefängnisses schlägt einen Gefangenen
Selbstmord und Selbstschlagen der Gefangenen Eine andere Variante ist die Reaktion der staatlichen Nachrichtenagentur Seda va Sima (Ton und Bild). Sie erklärte, dass die in den Videos gezeigten Szenen „den Umgang der Beamten miteinander und das Verhalten einiger Gefangener zeigten, die sich selbst schlagen und sich selbst umbringen“. Das jetzige Oberhaupt der Justiz im Iran, Gholamhossein Mohseni Ezhe’i, habe zudem Anweisung erteilt, sich unverzüglich mit denjenigen zu befassen, die die Gesetze übertreten. Es sei eine Spezialkommission im Ewin-Gefängnis gebildet worden, die sich mit der Angelegenheit befasse. Mit anderen Worten: Seda va Sima behauptet, dass sich die Gefangenen die Verletzungen selbst zufügen und sich selbst umbringen, Schläge werden kurzerhand als Auseinandersetzung zwischen den Beamten definiert, und natürlich reagieren die zuständigen Behördenchefs und bilden eine Kommission, die alles untersucht…
Gefangene müssen wegen chronischer Überfüllung auf dem Fußboden schlafen
Alles aus der Zeit der Vorgängerregierung Die dritte Variante wird von Hassan Schoja’i vertreten, dem Vorsitzenden des Parlamentausschusses Asle 90 (Grundgesetz Artikel 90). Er erklärte, die Filme seien in den letzten Jahren von den Überwachungskameras im Ewin-Gefängnis aufgenommen worden und seien leider aus dem Archiv der Behörde an die Öffentlichkeit gelangt. Die Aufnahmen beträfen die Jahre 1395-1399 (2016-2020).“ Das ist ein feiner Schachzug, denn damit wird die ganze Verantwortung auf die Vorgängerregierung unter dem inzwischen nicht mehr amtierenden Präsidenten Hassan Rouhani abgeschoben und das ganze Material wird als „veraltet“ präsentiert.
Gefangener wird durch die Räume geschleift
Der Glaube an die Macht Wir sehen also: Die Echtheit der Bilder wird bestritten (Montage, nicht aus dem Gefängnis), die gezeigten Vorfälle werden umdefiniert (Selbstverletzung, Auseinandersetzung zwischen Beamten), die Szenen werden als veraltet dargestellt. Alles Vorgehensweisen, die man in allen Systemen der Welt beobachten kann. Ziel ist es, die Informationsquelle zu diskreditieren, die „eigene Seite“ aber als verantwortlich handelnd zu präsentieren und so allen, die von Klein auf darauf trainiert werden, Autoritäten zu glauben, ein glaubhaftes Bild zu präsentieren, dass die Zuhörer wie die Machthaber von der Pflicht entbindet, den Vorwürfen auf den Grund zu gehen. Der Glaube an die Autorität der Machthaber ist die Grundlage der Macht – weltweit. Es ist ein schöner Versuch, dass die Hacker diesen Glauben untergraben wollen.
Link zu zwei Filmen
Hier ist ein Link zu zwei Sendungen des ausländischen Senders Iran International, die den gehackten Überwachungskameras des Ewin-Gefängnisses und den Gefängnisdirektoren und ihren Helfern gewidmet sind. Ein Film zeigt zwar nur Blutflecken und zerbrochene Glasscherben, es geht darin aber um Aufnahmen in Zusammenhang damit, dass die Menschrechtsanwältin Narges Mohammadi vom Gefängnisdirektor des Ewin-Gefängnisses vorgeladen wurde und danach den Raum blutend verlassen hat. Eine andere Szene zeigt, wie der Gefängnisdirektor persönlich einen Gefangenen schlägt, eine dritte Szene zeigt, wie ein abgemagerter Gefangener durch die Räume des Gefängnisses geschleift wird und wie abgestumpft die anderen Beamten auf diesen Vorgang reagieren.
Für die diesjährigen Präsidentschaftswahlen im Iran, zu denen der Amtsinhaber Hassan Rouhani nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten kann, hat der Wächterrat so kräftig ausgesiebt, dass keine Reformisten mehr übrig geblieben sind. Und unter den fünf Fundis, die übrig geblieben sind, ist Ebrahim Raisi bei weitem der bekannteste.
Kindheit
Ebrahim Raisi (Aussprache: Ra‘issi) wurde am 14. Dezember 1960 in Maschhad geboren. Er ist Sohn eines islamischen Geistlichen. Sein Großvater mütterlicherseits war ebenfalls Geistlicher. Sein Vater starb, als er 5 Jahre alt war. Über seine Kindheit findet sich weder in seiner Webseite noch in der englischen, französischen, spanischen, russischen, polnischen, türkischen, arabischen oder persischen Version von Wikipedia etwas Näheres. Man kann annehmen, dass seine Kindheit durch Gewissheiten geprägt war, die eine Religion zu vermitteln scheint. Da ist ein klares Wissen, was als Richtig gilt und was als Falsch, Zweifel sind nicht zugelassen, da alles – so sagt es der Glaube – Gottes Wort ist und unantastbar. Wie sich diese Grundhaltung, in der die Eltern dachten, auf die Erziehung des Kindes auswirkten, wissen wir nicht.
Ebrahim Raissi als Kind
Laut Angaben des Leiters des Wahlstabs von Raisi in der Provinz Sistan und Balutschistan bei den Präsidentschaftswahlen von 2017 stammt der Vater von Ebrahim Raisi aus Dashtak, das zu Zabol gehört und in Sistan liegt. Mit 15 Jahren beginnt Ra‘issi an der theologischen Schule von Qom zu lernen. Seine akademischen Abschlüsse sind umstritten, seine Selbstbezeichnung als Ajatollah hat Raisi wohl wieder vorsichtig zurückgenommen. Die Studienzeit Raisis von 1975 bis 1979 ist eine Zeit des Umbruchs, die im Februar 1979 zur Rückkehr Ajatollah Chomeinis aus Paris und dem Sturz des Schahregimes führt. Ajatollah Beheshti wählte damals 70 Theologie-Studenten aus Qom aus, die die Justiz des Landes von Grund auf umbauen sollten. Einer von ihnen war Raisi.
Steile Karriere
Aber alle Vorhaltungen an seinen akademischen Qualifikationen sind bedeutungslos, weil sie keinen Einfluss auf seine Karriere hatten. Als nach der Revolution die Linke in Masjede Soleimani Fuß fasst, schickt Ajatollah Chomeini seinen Vertrauten Ajatollah Scheich Hadi Marwi dorthin, damit er dort „für Ordnung“ sorgt. Ajatollah Marwi holt sich den jungen Raisi und weitere Theologiestudenten, damit sie in Masjede Soleimani die „Kulturarbeit“ und städtische Verwaltungsaufgaben übernehmen. Hier knüpft Raisi seine ersten Kontakte mit der Staatsanwaltschaft der Revolution.
Ebrahim Raissi als junger Mann
Schon 1980, mit 20, wurde Raisi assistierender Staatsanwalt von Karaj, wenige Monate später Staatsanwaltschaft der Revolution von Karaj und zugleich von Hamedan, das 300 km von Karaj entfernt liegt. Und das zu einer Zeit, wo es noch kein Handy und kein Internet gab, sondern Telefon und Fax. 1985, mit 25 Jahren, wurde er stellvertretender Staatsanwalt der Hauptstadt Teheran. Dort stattete ihn Ajatollah Chomeini mit Sondervollmachten für die Regionen Lorestan, Semnan und Kermanschah aus. Möglicherweise ging es dabei auch um die Unterdrückung von Minderheiten: Loren, Kurden.
Unbarmherzigkeit – die übernommene Norm aus der Kindheit?
1988 war Raisi einer von vier Männern, die Ajatollah Chomeini für die Todeskommission ernannte. Diese Kommission wählte aus, welche politischen Gefangenen im ganzen Land hingerichtet werden sollten, unabhängig davon, wie deren Urteil lautete und ob sie die Strafe schon verbüßt hatten. Die Zahlen der damals Hingerichteten schwanken zwischen 3000 und 30.000. Die große Schwankungsbreite liegt daran, dass die Täter von damals heute noch an der Macht sind, Raisi ist im Moment ja Oberhaupt der Justiz, ein anderer war unter Ahmadineschad Innenminister. Und wer die Macht hat, kann natürlich verhindern, dass die Fakten aufgeklärt werden. Von 1989 – 1994 war Raisi Staatsanwalt von Teheran, 1994 wurde er Leiter der Aufsichtsbehörde zur Korruptionsbekämpfung. 2004 bis 2014 war er erster Stellvertreter des Oberhaupts der Justiz, 2014-2016 Generalstaatsanwalt des Landes, 2019 wurde er von Ajatollah Chamene‘i zum Oberhaupt der Justiz ernannt. Zwischen 2016 – 2019 war Raisi der Bevollmächtigte der Stiftung Astane Qodse Razawi in Maschhad, einer religiösen Stiftung, die zu den reichsten Stiftungen der Welt gehört. Auch in dieser Zeit war er in der Justiz tätig, und zwar als Staatsanwalt des Sondergerichts für Geistliche.
Die Seilschaften von Maschhad
Ebrahim Raisi ist verheiratet mit einer Tochter von Ajatollah Seyyed Ahmad °Alam ol-Hoda, dem Groß-Imam des Heiligenschreins von Imam Resa in Maschhad und Freitagsprediger von Maschhad. Manche schreiben, dass Ajatollah Chamene‘i, der Religiöse Führer, einige für den Erhalt des Regimes wichtige Leute aus Maschhad geholt hat. Dazu gehören Ajatollah Schahrudi, der zusammen mit Chamene‘i auch zu den theologischen Lehrern Raisis gehörte, dazu gehört auch Mahmud Qalibaf, der bei den Wahlen von 2017 zusammen mit Raisi kandidiert hatte und dann zugunsten von Raisi auf einen eigenen Wahlkampf verzichtet hatte. Es heißt auch, dass die gezielte Positionierung von Raisi, der 2017 in den Wahlen gegenüber Hassan Rouhani unterlegen war, ein Manöver des Religiösen Führers ist, um Raisi in die Position seiner Nachfolge zu hieven. Sollte Chamene‘i sterben, könnte Raisi dann vom Amt des Präsidenten in das des religiösen Führers überwechseln. Was an diesen Spekulationen wahr ist, wird die Zeit zeigen. Was sicher ist, ist dass der Wahlkampf durch die Disqualifizierung nennenswerter Konkurrenten mithilfe des Wächterrats nur noch eine Farce ist. Und so äußern auch Politiker, die seit den gefälschten Präsidentschaftswahlen von 2009 noch immer (ohne Gerichtsurteil!) unter Hausarres stehen, Sympathie für diejenigen, die diese Wahlen boykottieren wollen. In dem Fall kann das Regime auch mit einer Wahlbeteiligung von 2% locker 60% Mehrheit für Raisi rausholen…
Dabei gibt sich das Wahlkampfteam ganz modern. Folgendes Video ist auf der Webseite von Raisi als „Clip eines Flashmobs für Raisi, der im sozialen Netz kursiert“ zu sehen.
Vergessen wir nicht: Die ganze Show verhüllt das Gesicht eines Massenmörders.
In Antwerpen hat am 27. November 2020 der Prozess gegen Assadollah Assadi, dritter Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in Wien, sowie gegen ein iranisches Ehepaar und einen vierten Iraner begonnen. Sie sollen ein Attentat auf das Kongresszentrum der iranischen Volksmudschahedin in Villepinte bei Paris geplant haben.
Am 28. Juni 2018 hatte Assadollah Assadi dem iranischen Ehepaar in Luxemburg ein Päckchen mit 500 g Triacetontriperoxid übergeben. Das Ehepaar wurde am 30. Juni in Brüssel mit dem Sprengstoff gefasst, als es nach Paris aufbrechen wollte. Der Diplomat wurde bei seiner Rückreise Anfang Juli in Deutschland verhaftet und im Oktober 2018 nach Belgien ausgeliefert. Iranischen Protesten, er hätte als Diplomat nicht verhaftet werden dürfen, wurde entgegnet, er sei zu diesem Zeitpunkt in Urlaub und nicht als Diplomat tätig gewesen.
Laut akhbar-rooz forderte der belgische Bundesanwalt in Antwerpen 20 Jahre Gefängnis für den 48-jährigen Diplomaten, für die Mitangeklagten 15 bis 18 Jahre. Der Ehemann des inhaftierten Paars (je nach Quelle 38 oder 40 Jahre alt) war 2003 aus dem Iran geflohen und hatte in Belgien Asyl beantragt. 2012 wurde er von Assadi für den iranischen Geheimdienst angeworben, angeblich, um ihm Informationen über die Volksmudschahedin zu liefern.
Die nächste Verhandlung im Verfahren ist auf den 3. Dezember 2020 angesetzt.
Quellen
برای دیپلمات تروریست جمهوری اسلامی ۲۰ سال و همدستانش ۱۵ تا ۱۸ سال زندان تقاضا شد https://www.akhbar-rooz.com/ برای-ديپلمات-تروريست-جمهوری-اسلامی-20-سا Vom 8. Adhar 1399 (28. November 2020)
Die Londoner Ausgabe der Zeitung Keyhan schreibt, dass der inzwischen pensionierte Richter Hassan Tardast, ehemaliger Vorsitzender der 74. Kammer des Strafgerichts (Dadsaraye Keyfari) von Teheran in Deutschland gesichtet wurde. Er soll seine in Deutschland wohnende Tochter besucht haben.
Hassan Tardast hat im iranischen Jahr 1391 (europ. Jahr 2012) in einem Interview mit der Zeitung E‘temad erklärt, dass er in über 1000 Fällen ein Urteil gesprochen habe. Nur in 20% habe das Verfahren mit einem Freispruch geendet, in 80% seien Schuldsprüche ergangen. Im Iran ist der pensionierte Richter Hassan Tardast vor allem für die vollstreckten Todesurteile gegen Reyhane Jabbari und Behnud Shoja‘i bekannt geworden. Sho°le Pakrawan, die Mutter von Reyhane Jabbari, wies darauf hin, dass sich ihre Tochter gegen eine Vergewaltigung gewehrt habe, was gesetzlich als legitime Verteidigung gilt. Dennoch habe Richter Hassan Tardast ihre Tochter zum Tode verurteilt und sie der „Verwestlichung“ beschuldigt.
Der Jurist und Menschenrechtsanwalt Kawe Mussawi versucht, einen internationalen Haftbefehl gegen den pensionierten Richter zu erwirken, der zum letzten Mal im Sommer 2019 in Deutschland gesehen wurde.
Mahmud Sadeqi, Parlamentsabgeordneter der 10. (vorigen) Wahlperiode
Die Quelle der folgenden Meldung ist Mahmud Sadeqi, Mitglied des iranischen Parlaments der vorigen Legislaturperiode, der für die letzte Parlamentswahl vom Wächterrat als nicht qualifiziert eingestuft wurde. Als Quelle mag er daher nicht als neutral erscheinen, da er selbst ein Opfer des kritisierten Gremiums ist. Andererseits ist der Wächterrat kein Aschenputtelverein und kann sich wehren. Mit anderen Worten, wer dem Wächterrat ans Bein pisst, muss gute Gründe und evtl. auch Unterstützung von einflussreichen Personen haben, um sich das leisten zu können.
Die Vorwürfe im Detail
Mahmud Sadeqi berichtet am 7. September 2020 auf der Webseite Faraz, dass es Netzwerke gab, die als Vermittler auftraten, damit sich Kandidaten für das Parlament die Zustimmung des Wächterrats erkaufen konnten. In diesem Zusammenhang wurden Ermittlungen gegen 20 Personen eingeleitet. Diese Ermittlungen scheinen im Sand verlaufen zu sein. Einer der 20 Vermittler arbeitete mit dem Enkel eines Rechtsgelehrten zusammen, der früher Mitglied des Wächterrats war. Er hatte von einem Abgeordneten der vorigen Parlamentsperiode 200 Millionen Tuman dafür erhalten, dass der Wächterrat der Kandidatur zugestimmt hatte.
Amtliche Stellungnahmen In der amtlichen Version ist zu diesen Formen der Einflussnahme gelegentlich etwas zu hören, so von der Staatsanwaltschaft Teheran vom 15. Bahman 1398 (Anfang 2020), wo von „12 Betrügern“ die Rede ist, „die behaupten, Einfluss auf den Wächterrat bezüglich des Ausgangs der Bestätigung der Qualifikation für die Beteiligung an den Parlamentswahlen“ zu besitzen. Mit anderen Worten, es wurde zwar die Tatsache von Ermittlungen bestätigt, aber natürlich ist der Wächterrat unbestechlich… Auffällig ist das folgende Schweigen über die Ermittlungen
Ich protestiere gegen die Regierung, die uns zwingen will, uns angesichts der Tyrannei zu schämen Sedigheh Vasmaghi
Sedigheh Vasmaghi ist eine iranische Professorin, Anwältin, Dichterin, Schriftstellerin, ehemalige Teheraner Stadträtin und Übersetzerin. Sie hat ihren Wohnsitz in Schweden. Auf einer Iranreise im Oktober letzen Jahres wurde sie festgenommen. Da sie keine Kaution stellen konnte, kam sie in das Ewin Gefängnis. Frau Vasmaghi wurde letzte Woche wegen Unterzeichnung des „Briefes von 77 Personen“ im November 2019 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
Sedigheh Vasmaghi
Offener Brief von Sedigheh Vasmaghi
Ich protestiere nicht nur gegen ein Urteil einer nicht qualifizierten Behörde – weil das Revolutionsgericht nicht für die Anhörung zuständig ist und weil der Richter der Abteilung 26 der Leiter des Geheimdienstes des Revolutionsgerichts ist und keine Zuständigkeit für die Justiz hat.
Ich protestiere nicht nur gegen den Inhalt des Urteils, der eindeutig besagt, dass die Justiz die Meinungsfreiheit und das ehrenwerte Recht auf Protest nicht schätzt.
Ich protestiere vielmehr gegen eine Regierung, die die Justiz rücksichtslos lächerlich gemacht hat und die Justiz, die Gerichte, das Gefängnis und die Justiz missbraucht, um Proteste zu unterdrücken, selbst in ihrer friedlichsten Form, die nur Erklärungen abgibt.
Ich protestiere gegen die Regierung, die unser Gewissen in Ketten legen und einsperren will, indem sie uns das ehrbare, menschliche und moralische Protestrecht entzieht.
Ich protestiere gegen die Regierung, die uns zwingen will, uns angesichts der Tyrannei zu schämen, und die es den wachen und verantwortungsbewussten Bürgern nicht bewusst und absichtlich erlaubt, ihre Bürgerrechte zu nutzen, um gegen die Zerstörung und Unordnung des Landes zu kämpfen.
Ich protestiere gegen die Regierung, die uns die Menschlichkeit entziehen und sie in gleichgültige und stille Statuen verwandeln will.
Ich protestiere gegen eine Regierung, die ihre Struktur mit Spannungen und Konflikten mit allen, mit ihren Menschen und der Welt verwoben hat und uns mit ihrer Politik zumindest ein würdiges Leben, Frieden sowie psychologische und soziale Sicherheit genommen hat.
Ich protestiere gegen alle Ungerechtigkeiten und Unterdrückungen, um die Unschuldigen einzusperren.
Ich protestiere immer noch gegen das brutale Massaker vom November 2019. Wo immer ich bin, ich protestiere und ich werde gegen Ungerechtigkeiten protestieren, auch im Gefängnis. Du kannst meinen Körper einsperren, aber niemals mein Gewissen! Ich ziehe das Gefängnis der beschämenden Stille angesichts von Ungerechtigkeit und Korruption vor.
Das Fashafuyeh-Gefängnis (Gefängnis von Groß-Teheran)
72 Gefangene, die im Zusammenhang mit den Protesten vom November 2019 verhaftet worden waren, als die Menschen nach der landesweiten Erhöhung der Benzinpreise auf die Straße gingen, haben am Sonntag, den 26. Mordad (16. August) den Hungerstreik eröffnet, weil ihnen trotz der Ausbreitung des Corona-Virus der Hafturlaub verweigert wird. Obwohl in ihrem Fall sogar die Direktion der Justiz (riyasate qowweye qad.a’i) dem Hafturlaub zugestimmt hatte, weigerte sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft, der die Aufsicht über die politischen Gefangenen hat, den Hafturlaub zu bewilligen. Auf die Proteste der Eltern und Mütter der Inhaftierten, deren Unterhalt von diesen Menschen abhängt, antwortete der Staatsanwalt, die sollten am besten verhungern.
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