Iran: Hochwasser von Golestan bis Chusestan


Hochwasser, Erdbeben, Stürme – die Macht und Gewalt der Natur zeigt sich in vielen Formen. Seit es Menschen gibt, haben sie versucht, sich gemeinschaftlich gegen diese Gewalten zu schützen und zu wehren. Das beginnt beim vorausschauenden Planen und endet mit den Einsätzen von Rettungskräften. Nicht die Katastrophen sind politisches Thema, sondern der Umgang von Gesellschaften mit ihnen. Wie werden sie damit fertig, wo gibt es Erfolge und Misserfolge, und warum?
Seit über zwei Wochen heißt es im Iran Land unter. Die starken Regenfälle begannen im Nordosten in Gorgan/Golestan, und erreichen nach Kermanschah und Luristan jetzt die Provinz Chusistan im Südwesten.

Das Ruhmesblatt der Pasdaran
Die Pasdaran sind im Iran nicht nur Königsmacher, die darüber entscheiden, welcher Ajatollah mit seiner Clique letztlich die Macht im Land ausübt und wer stattdessen im Hausarrest verkümmert wie Ajatollah Montaseri oder im Schwimmbad ertränkt wird wie Ajatollah Rafsandschani, sie sind nicht nur die, die mit ihren Waffen den Irak und Syrien in ein Blutbad stürzen und die Bevölkerung des eigenen Landes in Schach halten, sie sind es auch, die das ganze Wirtschaftsleben im Iran lenken und ersticken. Ob Erdöl oder Straßenbau, ob Stahlfabriken oder Import von Nahrungsmitteln, ob Handel oder Schmuggel, ob Atombombe oder Geldwäsche, überall sind sie dabei.

Ein hochgelobtes Projekt war der Bau einer Bahnlinie von Kasachstan durch Turkmenistan in den Iran, dessen Durchführung von den Präsidenten der drei Staaten im Jahre 1386 (2007) unterzeichnet wurde. Der Bau von über 100 Kilometer Bahnstrecke im Iran erfolgte zwischen 1390-1393 (ca. 2011-2014). Ausgeführt wurden die Arbeiten von den Pasdaran. General Abdollah Abdollahi, damaliger Oberbefehlshaber des Pasdar-Stützpunkts Chatam-ol-Anbiya, hatte die Schnelligkeit der Bauarbeiten als Rekord bezeichnet. Das mag es gewesen sein. Jedenfalls hielten die damaligen Planer und Durchführer es nicht für notwendig, sich Gedanken darüber zu machen, wohin denn das Wasser soll, dessen Weg durch den Bau der Bahnlinie abgeschnitten wurde. Brücken hatte man sich gespart…
Am 24. März 2019 (4. Farwardin 1398), als nach den heftigen Regenfällen die Stadt Aq-Qala unter Wasser stand, waren die rettenden Pasdaran wieder zur Stelle. Sie sprengten die Bahnlinie von Gorgan nach Intsche-Borun (an der turkmenischen Grenze) an drei Stellen, damit das Wasser aus der Stadt und dem umliegenden Gebiet abfließen konnte. Als „Sprengung der Hoffnung“ bezeichnete Mohsen Resa’i, der Generalsekretär der „Versammlung zur Wahrung der Interessen des Systems“ (Majma°e Taschchise Maslehate Nesam) dieses Vorgehen.
Nebenbei sorgten diese drei Sprengungen dafür, dass nun auch das Land unterhalb der Bahnlinie unter Wasser stand…


Wir haben unsere Häuser ins Flussbett gebaut
Erfrischend ehrlich ist die Kritik von Qaradsche Tayyar, des Abgeordneten von Gonbade Kawus, im iranischen Parlament, der Korruption und Kurzsichtigkeit dafür verantwortlich machte, dass beim Städtebau nicht darauf geachtet wurde, dass hochwassergefährdetes Land nicht bebaut werden sollte: „Wir haben die Wälder geplündert, wir haben uns das Flussbett unter den Nagel gerissen, wir haben die Berge angenagt, (..) wir haben auf dem Weg des Flusses Straßen und Häuser gebaut oder zumindest die Augen zugedrückt, wenn wir gesehen haben, dass dort gebaut wurde. Die Stadtverwaltungen haben Land verkauft, dass tabu war. Dieses Geld war das Blutgeld, das Blutgeld der Frauen und Kinder, die später, nämlich jetzt, vom Hochwasser mitgerissen wurden.


Pasdaran – Verwüstung ist ihr Handwerk
Die Einwohner von drei Ortschaften in der Nähe von Ahwas (Provinz Chusestan) setzten sich zur Wehr, als Spezialeinheiten der Pasdaran ihren selbst errichteten Hochwasserdamm sprengen wollten und zu diesem Zweck daran gingen, die Dörfer zwangsweise zu evakuieren. Die Pasdaran setzten Tränengas ein, rund 1500 Pasdaran und Bassidschis gingen gegen die Lokalbevölkerung vor, so dass es Dutzende von Verletzten gegeben haben soll und ein Anwohner namens Abdu Dschalisi ums Leben kam. Dann sprengten die Pasdaran den Schutzdamm mit TNT, was zur Überflutung der Dörfer und Felder führte. Innenminister und Sicherheitskräfte bezeichneten den Widerstand als vom Ausland genährte Unruhestiftung.


Wo bleibt die Hilfe für die Opfer
Während die Pasdaran gerne zur Hand sind, wenn es darum geht, die Bevölkerung zwangsweise aus ihrer Heimat zu evakuieren, ist es mit der Bereitstellung von Notunterkünften nicht weit her. Der Parlamentsabgeordnete von Chorram-Abad, Mohammad-Resa Malekschahi, kritisierte in einem Interview mit der iranischen Nachrichtenagentur ILNA, dass die Kapazität der Flussbetten in der Region Chorram-Abad nicht dem entsprach, was beim Hochwasser tatsächlich ankam. Auch die Infrastruktur sei nicht durchdacht gewesen. Telefon, Gasleitung, Erdölpipelines lagen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flussbett und wurden durch das Hochwasser zerstört, die Straßen verliefen parallel dazu und standen bald unter Wasser. Durch die Zerstörung der Straßen und Telefonleitungen war auch der Kontakt zu den betroffenen Ortschaften unterbrochen.
Die staatliche Hilfe für die Opfer, die mit dem Hochwasser das Dach über dem Kopf verloren haben, bezeichnete er als so gering, dass sie ihren Namen nicht verdient habe.

Die Brücke von Pole Dochtar (Lurestan)
Dass Hochwasser Brücken wegreißen, ist für sich nichts ungewöhnliches. Aber es heißt, dass einige Brücken, die das Wasser mitgenommen hat, von den Pasdaran errichtet wurden und dass deren Bauunternehmen zwar fleißig die entsprechenden staatlichen Aufträge einkassiert hätten, dann aber minderwertige Arbeit abgeliefert hätten. Beurteilen können wir das nicht – wir sind keine Bau-Ingenieure.

https://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=179493
vom 11. Farwardin 1398 (31. März 2019)
sanad-e eftexare sepah dar seyle golestan che bud?

http://www.iran-emrooz.net/index.php/news1/79139/
vom 7.4.2019
nemayandeye gonbade kawus dar baraye seyl: hame ma mottaham hastim

https://news.gooya.com/2019/04/post-24883.php
vom 4. April 2019
yeki az masdumane dargiriye sepah ba seyl-zadegane dashte azadegan jan baxt

http://www.akhbar-rooz.com/article.jsp?essayId=92533
vom 17. Farwardin 1398 (6. April 2019)
7 ruz az seyl migozarad wa mardome xorram-abad jayi baraye xab nadarand