Iran – VR China: 25-Jahresvertrag

Am Samstag, den 27.03.2021, haben der iranische Außenminister Mohammadjavad Zarif und der chinesische Außenminister Wang Yi einen Vertrag der Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten unterzeichnet, der auf 25 Jahre ausgelegt ist. Im Vorfeld hatte der iranische Staatspräsident Rouhani nach einem Treffen mit dem chinesischen Amtstreffer die Unterstützung des Irans auf internationaler Ebene durch die Regierung in Peking lobend hervorgehoben, was auch einen Einfluss auf das Atomabkommen (pers. Barjam) habe, aus dem der damalige US-Präsident Trump 2018 ausgestiegen war. Nach den iranischen Medien wurde der 25-Jahresvertrag von Ali Laridaschani, dem vorigen iranischen Parlamentspräsidenten, vorbereitet. Laridschani (Larijani) ist jetzt Berater des Religiösen Führers der Islamischen Republik Iran. Allein dieser Abflauf zeigt einmal deutlich, wer in der iranischen Außenpolitik wirklich das Sagen hat. Das entspricht auch dem, was in der iranischen Verfassung festgelegt ist. Nämlich dass die Leitung der Außenpolitik in der Hand des Religiösen Führers liegt, nicht in der des gewählten Staatspräsidenten.

Im Iran soll Kritik an dem unterzeichneten Abkommen geübt worden sein. Es sei vergleichbar mit dem Abkommen von Torkamanchay (Turkmenchay) zwischen dem russischen Zaren und dem damaligen Schah von Persien, Schah Fath Ali. Damals trat der Iran die Chanate Eriwan (Armenien), Nachtschiwan, Teile von Talisch (heute Aserbaidschan) und die Provinz Igdir (heute Türkei) an das Zarenreich ab. Iranische Amtsträger wiesen diese Kritik als unbegründet zurück. Der Vertragstext werde veröffentlicht, sobald der endgültige Text feststehe. Während Radiofarda schreibt, dass der Text noch nicht veröffentlicht sei, ist er auf der Webseite akhbar-rooz zu finden. Nach der Veröffentlichung auf akhbar-rooz vom 8. Juli 2020 sieht der Vertrag unter anderem den Bau einer gemeinsamen Erdölraffinerie in China vor, sowie mehrerer kleiner und mittlerer Raffinerien im Iran. Dies könnte langfristig tatsächlich bedeuten, dass der Iran bei der Verarbeitung seines Erdöls von China abhängig wird, wenn die eigene Industrie veraltet ist und die Kapazitäten zu klein sind. Ein weiteres Gebiet der Zusammenarbeit besteht auf dem Gebiet des elektronischen Datenaustauschs.

Die Arbeiten an dem Vertragswerk wurden im Jahr 1394 (2015) begonnen.

Strategische Beziehungen?

Die Webseite peykeiran hat eine Analyse von Murad Wisi veröffentlicht, die zuerst in der persischen Ausgabe von Independent erschienen ist. Demnach bezeichnen der Religiöse Führer Ali Chamene’i ebenso wie der Oberbefehlshaber der Pasdaran die Beziehungen zur Volksrepublik China und zu Russland als strategisch. Diese Beziehungen seien ein Ersatz für den Verlust der Beziehungen zu den USA (seit 41 Jahren!) und zu Europa. Amerika als Buhmann, als der Große Teufel, ist der gemeinsame Nenner der Außenpolitik des Führers und der iranischen Pasdar-Generäle. Der jetzige Zustand mag der wirtschaftlichen Entwicklung des Irans abträglich sein, für die Pasdaran-Oberen und die Geistlichen um Ajatollah Chamene’i ist er dagegen sehr einträglich, weil sie von den exklusiven Verträgen mit China wirtschaftlich profitieren. Man sollte daher besser von lukrativen Beziehungen sprechen, nicht von strategischen.

China: America first

Als Trump die Sanktionen gegen den Iran und dessen Handelspartner wieder verschärfte und die iranischen Erdölexporte auf den Nullpunkt drücken wollte, war die Volksrepublik China nämlich keineswegs die ersehnte Alternative für die iranischen Machthaber. Auch China reduzierte die Importe. Wenn es iranisches Erdöl kaufte, dann nicht mehr gegen Dollar. So sank das Handelsvolumen zwischen Iran und VR China im Jahr 2020 auf den niedrigsten Stand seit 16 Jahren, auf 20 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: 2014 betrug das Handelsvolumen zwischen China und Iran 51 Milliarden Dollar. Auf die Bitten der iranischen Seite, die Beziehungen auszubauen, antwortete China damals, der Iran müsse seine Beziehungen zu den USA bereinigen. Für China steht zu viel auf dem Spiel, als dass es die Beziehungen zu den USA den Beziehungen zum Iran opfern würde. Das Handelsvolumen zwischen USA und VR China 2020 betrug allein im Warenhandel 560 Milliarden Dollar. Hinzu kommt, dass die VR China im Dezember 2020 1072 Milliarden Dollar (US: billions of Dollar!) an US-Staatsanleihen (treasury bonds) hielt, sowie auch für 189 Milliarden Dollar Aktien und Kapitalanteile von US-Firmen erworben hat (Stand 2019). Auch in Gegenrichtung gibt es hohe Kapital-Investitionen. Das macht die Haltung der chinesischen Regierung verständlich, sich in Sachen Anti-Amerikanismus nicht von den Ajatollahs vereinnahmen zu lassen.

Russland: Iran ist Trumpf!

Auch die Beziehungen zur Russland gründen keineswegs auf einer strategischen Partnerschaft, wie das Ajatollah Chamene’i und die Pasdaran gern hätten. Für Russland ist der Iran einfach ein Trumpf, den die Regierung bei Verhandlungen mit den USA ausspielen kann. Ein Trumpf, kein Partner. Während des 10-jährigen Kriegs in Syrien sahen die iranischen Machthaber Russland gern als Verbündeten, als Teil der „Achse des Widerstands“. Jetzt, nach dem Ende des Kriegs, versucht Russland, die Pasdaran und ihre Stellvertreter in Syrien aus dem Land zu drängen. Zuvor schon, als die israelische Luftwaffe Ziele der Pasdaran und ihrer Stellvertreter in Syrien bombardierte, hat Russland nicht reagiert und seine in Syrien stationierte moderne Verteidigungstechnik nicht eingesetzt, um die Pasdaran – ihre angeblichen Verbündeten – vor den israelischen Angriffen zu schützen.

Trotz allem gibt es kein Anzeichen, dass die iranischen Geistlichen und die Revolutionswächter (Pasdaran) ihre Haltung zu den USA ändern wollen, um außenpolitisch mehr Handlungsspielraum zu bekommen.

Quellen:

وزرای خارجه ایران و چین سند «برنامه جامع همکاری» را امضا کردند

https://www.radiofarda.com/a/iran-china-cooperation-doc-finalized-in-tehran-larijani/31172377.html
vom 7. Farwardin 1400 (27.3.2021)

روابط غیر راهبردی جمهوری اسلامی با چین و روسیه

https://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=225545
vom 7. Farwardin 1400 (27.3.2021)

vom 18. Tir 1399 (8. Juli 2020)

متن قرارداد ۲۵ ساله ی چین و جمهوری اسلامی

(dort ist der 18-seitige Vertragstext als Scan seitenweise abrufbar).

https://en.wikipedia.org/wiki/Treaty_of_Turkmenchay

https://www.census.gov/foreign-trade/balance/c5700.html
(Zahlen zum Außenhandel)

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/china-verkauft-us-staatsanleihen-101.html

https://ticdata.treasury.gov/Publish/mfh.txt
(Zahlen zum Anteil Chinas an US-Staatsanleihen)


Chinese investment in the united states database
(Zahlen zu chinesischen Investitionen/Firmenkäufen in den USA)

Congressional Research Service: U.S.-China Investment Ties: Overview,  Updated January 15, 2021