Iran: Kritiker mit Haloperidol „ruhig“ gestellt

Die „Betonspritze“, mit der Menschen „ruhig gestellt“ werden


Neuerdings werden aus dem Iran Praktiken gemeldet, die in der 1991 aufgelösten Sowjetunion beliebt waren, um Kritiker aus dem Verkehr zu ziehen. Politisch Andersdenkende wurden damals in die Psychiatrie gesperrt und gegen ihren Willen mit Psychopharmaka behandelt.
Dies berichtet jetzt aus dem Iran Kiyanush Zanjari, ein Journalist und Menschenrechtsaktivist, der derzeit zur Behandlung Hafturlaub hat. Er schrieb in einer Reihe von Tweets vom Vortag über seine eigenen Erfahrungen mit der Verlegung aus dem Gefängnis in die Psychiatrische Klinik von Amin-Abad (Bimarestane Rawaniye Amin-Abad, Markaze Rawan-Pezeshki Razi). Anfang des Jahres 1398 (also im Frühjahr 2019) wurde er von zwei Soldaten zu diesem Psychiatrischen Zentrum eskortiert. Erst als er die Aufschrift (Markaze Rawaniye Amin-Abad) (Psychiatrisches Zentrum Amin-Abad) las, wusste er, was Sache war. Bei der Einlieferung in das Zentrum wurde ihm eine Spritze verabreicht, die auf ihn eine lähmende Wirkung hatte. Er spürte, wie er ohnmächtig wurde. Sein Mund fühlte sich trocken an, und er stellte fest, dass er mit der rechten Hand und dem linken Fuß an ein Bett gefesselt war. Als er am nächsten Tag mit dem Pfleger reden wollte, konnte er die Zunge nicht bewegen. Die Hand- und Fußfesseln wurden ihm auch nicht abgenommen, wenn er aufs Klo musste.

Ärzte zum Handabhacken…
Ein Psychiater, der in Teheran im Psychiatrischen Zentrum Ruzbeh arbeitete, meinte, normale Ärzte würden so etwas nicht tun. Es sei aber denkbar, dass die „Sicherheitsorgane“ in den letzten Jahren eigene „Ärzte“ ausgebildet hätten, die dazu bereit sind. Das gelte sowohl für Ärzte, die von der Gefängnisverwaltung angestellt sind, als auch für solche, die für das Verteidigungsministerium arbeiten. Er nimmt an, dass die Sicherheits- und Justizorgane dafür sorgen, dass bei den Zulassungsprüfungen zum Medizinstudium auch Leute angenommen werden, die zum Beispiel bereit sind, später einem Menschen die Hand zu amputieren – als „islamische Strafe“. Dieser Psychiater nimmt anhand der Beschreibung der Symptome an, dass dem Journalisten Kiyanush Zanjari das Medikament Haloperidol eingespritzt wurde.

Psychiatrie gegen Proteste
Schon früher wurden Fälle der Einweisung in die Psychiatrie gemeldet. So berichtete die Mutter von Hengame Shahidi, einer inhaftierten Journalistin, am 11. Dey 1398 (Jahreswende 2019/20) auf Instagram, dass ihre Tochter in das Psychiatrische Zentrum Amin-Abad eingewiesen wurde. Hengame Shahidi teilte damals mit, dass sie von vier Männern festgehalten wurde, die ihr gewaltsam Haloperidol einspritzten – sie erwähnte das Medikament mit Namen.
Ein weiteres Opfer dieser Praxis ist Hashem Khastar, Lehrer und Gewerkschaftsaktivist, der von den Geheimdienstorganen der Pasdaran entführt und eine Zeitlang im Psychiatrischen Krankenhaus „Sina“ in Mashhad festgehalten wurde.
Auch die Ehefrau von Mohammad-Ali Babapur, eines Dozenten an der Polizeihochschule, der wegen „Zusammenarbeit mit Feindessstaaten“ zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, berichtete im Vorjahr in einem Interview mit Iran Wire, dass ihr Mann aus dem Gefängnis in die psychiatrische Klinik von Amin-Abad verlegt wurde. Ihr Mann litt zwar an einer Depression, aber die Behandlung in der Klinik diente nicht dem Zweck, die Depression zu behandeln.
Nilufar Bayani, eine inhaftierte Umweltschützerin, berichtete davon, dass auch beim Verhör mit der Verabreichung von Luftspritzen und lähmenden Medikamenten gedroht wurde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Haloperidol
https://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=212091
vom 19. Mordad 1399 (9. August 2020)
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