Iran: Ausländerfeindlichkeit an den Grenzen

Der Kursverfall der iranischen Währung, der in kurzer Zeit dazu führte, dass ein Dollar nicht mehr für 3000 Tuman, sondern für 15.000 Tuman gehandelt wird, hat auch Auswirkungen auf die Stimmung in der Bevölkerung der iranischen Grenzgebiete, namentlich im Ostiran (Region Chorassan) an der Grenze zu Afghanistan, und im Westiran, an der kurdisch-iranischen Grenze zum Irak.
In Afghanistan ist der Kurs der einheimischen Währung zum Dollar relativ stabil – und der Drogenhandel dürfte auch zu einem gleichmäßigen Zustrom von Devisen führen, so dass Händler aus Afghanistan die Gelegenheit nutzen, Obst und Gemüse auf den angrenzenden Märkten im Ostiran mit Dollar zu kaufen. Das treibt die Preise auf den lokalen Märkten in die Höhe. Da die Waren häufig nicht aus lokalem Anbau stammen, führt das auch nicht zu einem erhöhten lokalen Angebot. Das Resultat: Die lokale iranische Bevölkerung geht leer aus oder muss deutlich überhöhte Preise für diese Lebensmittel zahlen.
Ähnlich ist die Situation an der Grenze zur Kurdischen Autonomie. Dort ist der Dollar ebenfalls gegen die lokale Währung eintauschbar und dient dazu, auf den Märkten in den angrenzenden iranisch-kurdischen Städten Obst und Gemüse einzukaufen. Wieder ist es die lokale Bevölkerung, die leer ausgeht.
Das Ergebnis: Im Ostiran entwickelt sich eine radikale, feindliche Stimmung gegen Afghanen, die ja am Dialekt erkennbar sind, sofern sie Dari sprechen, Pashtu ist sowieso eine andere Sprache, und selbst die Kinder von Afghanen, die im Ostiran geboren und aufgewachsen sind, werden Opfer afghanenfeindlicher Attacken.
Im Westiran an der kurdisch-iranischen Grenze schimpft man eifrig auf „die Iraker“, die die Märkte leerkaufen.
Den Regierenden dürfte dies Recht sein. So kommt die Rede nicht darauf, dass der Handel in die Gegenrichtung, nämlich von Elektronikwaren aus dem Nordirak ins iranische Kurdistan, von den Pasdaran selbst unterbunden wurde, wodurch viele iranische Kurden ihr Einkommen verloren haben. Die Pasdaran haben das natürlich nicht aus Bosheit gemacht, sondern, weil sie den Schmuggel ausschließlich in ihrer Hand vereinen wollen.
Da ist es doch besser, dass die Bevölkerung auf die Iraker schimpft statt auf die Scheiß-Revolutionswächter, nicht wahr?
Und warum die Märkte so wenig zu bieten haben, taucht auch nicht als Frage auf. Dass die iranische Landwirtschaftspolitik die einheimischen Bauern durch Billigimporte aus Indien und Pakistan ruiniert hat oder durch Wasserumleitungsprojekte ganzen Regionen das Wasser für die Landwirtschaft entzieht, ist dann nicht mehr Thema. Schuld sind die bösen Afghanen. Wie man sieht, ist es weltweit eine bequeme Lösung, Probleme auf Minderheiten abzuwälzen und sie zu Sündenböcken zu machen, statt die anzugreifen, die für die zerstörerischen Strukturen zuständig sind.
Das sieht man selbst hier im kleinen Konstanz: Da wird auf die Schweizer Einkäufer geschimpft, die die Straßen verstopfen, aber nicht auf die Ratsherren, die ein großes Einkaufszentrum direkt an einer Hauptverkehrsader nahe der Grenze ansiedeln – der Stau ist vorprogrammiert…